Zugspitz Ultratrail - laufkultur.de

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Deutsche Meisterschaft beim Zugspitz Ultra
Deshalb bin ich dabei
Angefangen habe ich ja mit dem Größten: 2008 stand ich in Chamonix und lief den UTMB. Damals kannte man gerade mal eben die Bergmarathons an Jungfrau oder Matterhorn, vorbereitet habe ich mich mit dem Swiss Alpine in Davos und qualifizieren konnte ich mich mit meiner Teilnahme am Chiemgauer 100, das genügte. Mehr gabs damals aber auch gar nicht oder war mir zumindest nicht bekannt.

Später war ich dann noch auf dem Olymp, bin um den Großglockner gedüst und über den Vaalserberg gekraxelt, habe als Trailrunner somit die höchsten Erhebungen Italiens, Österreichs, Frankreichs Griechenlands und der Niederlande überquert oder umrundet. Sogar in Slowenien war ich schon, obwohl es leider noch kein Rennen um/auf den Triglav gibt. Das wäre echt eine Herausforderung. Was mir also noch fehlt, ist der Bigtrail um die Zugspitze. Das hatte ich eigentlich auch nicht vor zu ändern... zu groß... zu viel Event... zu viel Kommerz. Mittlerweile liebe ich kleine, liebevoll organisierte Rennen, ich brauche keinen Hype, keine Messe und auch keine vorgefertigten Presseerklärungen, die den Namen der Sponsoren ins Land tragen.

Dass ich jetzt doch an die Zugspitze gefahren bin liegt daran, dass dort gleichzeitig die dt. Meisterschaft im Ultratrail standfand, zudem passte der Termin in meinen in diesem Jahr schwierigen Kalender und der Termin Mitte Juni perfekt in meine Vorbereitung.

Gleich vorweg: Bereut habe ich es nicht, das lag vor allem an den vielen tollen Menschen, die ich getroffen habe, Frank Foodmaster Kleinsorg, Hans-Dieter, die Brauns und nicht zuletzt Rainer Koch, mit dem ich viele Kilometer auf der Strecke gemeinsam zurücklegte. Das haben Großereignisse wiederum für sich: Man trifft sich!

Angereist bin ich schon mittwochs, habe noch Zeit für die Höllentalklamm und einen Bummel durch Garmisch. Die Runde über die Messe am Donnerstag verregnets dann ordentlich, ein Wolkenbruch zwingt Alle unter die Zeltdächer. So lernt man dann auch die Berater/Verkäufer an den Messeständen zwangsläufig etwas besser kennen.

Pastaparty und Briefing hingegen lasse ich aus. Mein Essen bereite ich mir schon immer lieber selbst zu und Nudeln aus riesigen Köchtöpfen sind nicht so sehr mein Ding. Dafür packe ich konzentriert meinen Rucksack, überlege wie immer jedes Detail, vor allem das Schuhwerk. Dann ist Zeit zum Schlafen, morgen geht es früh zum Start nach Ehrwald, Marion und Wolfgang nehmen mich mit, die haben ihr Quartier zufällig nur wenige Häuser neben mir aufgeschlagen, das ist praktisch.

Die Strecke
Natürlich habe ich auch das Profil und die Strecke angesehen. Von Beginn an geht es gleich hoch in die Berge, ein zwei steile Spitzen ragen aus dem Profil. Der Mittelteil scheint flach abfallend zu sein, wobei mir klar ist, dass die kraftzehrenden Wellen dieses Streckenabschnitts nur ein wenig untergehen zwischen den 1000-Meter-Anstiegen zu Beginn und am Ende. Dann nach der Partnachklamm geht es wieder bergan, recht lange und noch einmal auf über 2000 m, bevor mich dann ein knackiger langer letzter Downhill zurück ins Ziel bringen wird.

Meine Devise ist klar: Nachdem ich in Bizau recht schnell angegangen bin, dann stetig zurückfiel, soll mir das heute so nicht passieren. Ich werde die ersten Gipfel ruhig angehen, im Mittelteil versuchen zu rollen und am Schlussgipfel sehen, was noch übrig geblieben ist. 12 bis 14 Std. Renndauer, so schätze ich. Doch da lag ich schon häufig genug daneben, viel kommt auf die Streckenbeschaffenheit an und ein langer Downhill auf dem Fahrweg kann locker mal ne halbe Stunde oder Stunde Zeit einbringen oder eben kosten, wenn es ihn nicht gibt.
Ausrüstungscheck und Start
Eine gute halbe Stunde vor dem Start beginnt der Ausrüstungscheck. Wer in den Startkorridor will, wird kontrolliert... und manch einer tatsächlich aussortiert und zurückgeschickt. Ich finde das voll in Ordnung. Nicht nur, weil ich jedes Teil der Ausrüstung für wichtig und richtig halte, sondern einfach aus Gründen der Fairnes. Das gilt für jedes einzelne Teil. Auch wenn ich mir natürlich im Klaren bin, dass man sich gerade vom Wasser auch schnell wieder trennen kann.

Ein paar Minuten noch Ausharren im Startkanal, scherzen, debattieren, dann geht es los. Vom Start weg noch moderat, doch recht schnell steil ansteigend. Immerhin sind wir nach nur rund 10 km schon 1000 Meter höher, haben das Ehrwalder Skigebiet hinter uns gelassen und dürfen, sofern der Blick dafür da ist, die Bergwelt des südlich liegenden Mieminger Gebirges rund um Hochplattig und Hoher Munde bewundern, der namensgebende Gipfel der Zugspitze bleibt uns zunächst hinter dem Grenzkamm liegend verborgen.

Ich habe mich mittlerweile eingelaufen, ein paar Plätze gut gemacht, sogar Rainer Koch überholt, den ich nun in den langen Downhills, wo ich in der Regel viel Zeit verliere, wieder erwarte. Am Hubertushof treffe ich auf Frank. Ambitioniert gestartet lief bei ihm gar nichts zusammen. Ihm ist die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben. Bei mir läufts noch gut; locker passiere ich Wolfgang, der hier auf seine Frau Marion wartet. Rainer stößt wieder zu mir, wir pendeln uns ein und haben dann die Gelegenheit, die "langweiligen" Kilometer zwischen den alpinen Teilstücken gemeinsam zu laufen. Doch ansonsten sind wir einsam unterwegs, wir überholen nicht und werden nicht überholt. Das ändert sich erst, als wir von hinten in die Rennen über die kürzeren Distanzen aufschließen.

Bis Mittenwald rollt es erst einmal brettleben, die Verpflegung am Ferchensee überrascht mich eher damit, dass sie schon zu einem Zeitpunkt auftaucht, wo ich sie weder gebraucht, noch erwartet hätte. Das wird sich später ein klein wenig rächen, denn offenbar verpflege ich mich hier ein wenig nachlässig. Doch weiter gehts. Mittlerweile sind wir voll im Pulk der Supertrail-Starter, überholen ständig, was der Psyche gut tut. Doch mich erwischt eine kleine Schwächephase, muss Rainer ziehen lassen und mich alleine durch den Eselwald hinunter zur Partnachklamm kämpfen.

Dort gönne ich mir erst einmal eine etwas längere Pause, bevor ich das letzte Viertel des Trails in Angriff nehme.
Partnach - Alpspitz - Grainau
Auch wenn mir gerade nicht unbedingt nach Feiern zu Mute ist, mit ein klein wenig Stolz sitze ich schon an der Verpflegungsstelle. Gerade eben habe ich (seit meinem ersten Marathon) meine erste Erdumrundung vollendet; 40070 km liegen hinter mir, eine schier unglaubliche Strecke. Da sollten die nächsten 20 km auch kein Problem mehr darstellen, auf gehts, zurück ins Hochgebirge. Der Rest der Strecke ist nun einfach zu beschreiben:

10 km hoch bis zur Alpspitzbahn und dann 10 km hinunter bis ins Ziel, dazwischen eine Verpflegungsstelle, die zwei mal angelaufen wird. Die Umgebung macht wieder richtig Laune; kein Fahrweg mehr, sondern Bergpfad, zwischen hohen Tannen findet der Blick immer wieder die schroffen Felsen der Bergspitzen, die Sinne sind wieder mehr beschäftigt, die Beschäftigung mit sich selbst verliert wieder an Bedeutung. Das ist gut so!

Immer noch überhole ich, werde, wenn überhaupt nur sporadisch selbst überholt, auch das baut mich auf. Und so bin ich schneller am Verpflegungspunkt 9 wie befürchtet. Mir genügt auch jetzt wieder die gewohnt eher kurze Pause, bevor ich die Schleife hinauf zur Alpspitzbahn und wieder zurück in Angriff nehme. Die finde ich nicht mehr wirklich prickelnd, liegt vermutlich am Fahrweg und der Tatsache, dass mich ein Fahrzeug einstaubt, dass bergan überholt und mir wenig später wieder entgegenkommt. Doch die Landschaft ist schroff und wild, zeigt sich leider nicht mehr im besten Licht, denn es hat sich doch ein klein wenig eingetrübt und die Aussicht ist eher bescheiden.

Ein Läufer kommt mir entgegen, ruft etwas von "Verlaufen" und ist schon wieder in die andere Richtung verschwunden, vielleicht ist er die Runde hier oben in die falsche Richtung angegangen. Ich bin kurz verwirrt, doch zum Glück sehe ich noch Läufer vor mir, alles ist gut.

Noch 10 km und 1:40 Zeit, um bis 20:00 Uhr ins Ziel zu kommen.

An der Liftstation angekommen, nimmt die Strecke wieder "Fahrt" auf. Jetzt gehts nur noch bergab, kurz knackig das Hupfleitenjoch hinunter, dann auf "fluffigem Trail" fast eben über die Hupfleite zurück zum Kreuzeck. Ein kurzer Schluck, ein Blick in die Gesichter der Läufer, die mir entgegen kommen und ich bin weg.

Schnell, doch kontrolliert, nehme ich den kurvenreichen Trail hinunter ins Tal.

Noch 5 km und 40 Minuten!

Aufpassen, dass nichts passiert. Einen Sturz mit Überschlag habe ich schon hinter mir, doch die recht heftigen Kratzer am Unterarm und die Prellung in der Hand realisiere ich erst nach dem Rennen. Und gerade unten, als wir ins Höllental einscheren, ist es noch einmal richtig schmierig und glatt, ziemlich gefährlich.

Noch 3 km und 18 Minuten!

Hammersbach, die Straße nach Grainau, Abbiegen, an den Geleisen entlang. Das 2-km-Schild übersehe ich.


Noch 1 km und 5 Minuten!

Gas geben, nicht nachlassen, nur bei den beiden Mädels mit dem Endspurt-Laken werde ich schwach, das Photo darf ich mir nicht entgehen lassen. Einbiegen in den Kurpark, eine letzte Kurve noch, nur noch 10 Schritte bis ins Ziel, die Uhr springt um und ich bin im Ziel.

12 Std. 00 Min. 1 Sek.

Punktlandung: Ich bin am untersten Ende des vorhergesehenen Zeitkorridors eingelaufen, insofern ein perfektes Rennen. Nur kurz übermannt mich der Schmerz, doch ein frisches Bierchen und eine handvoll Gummibärchen von Frank bringen mich schnell wieder auf die Beine. Dann treibt mich der Wunsch nach einer Dusche in die FeWo, das Finisher-Shirt, dass irgendwo fernab des Ziels abzuholen wäre, lasse ich dort. Auch die Siegerehrung am Sonntag vormittags lasse ich sausen, obwohl ich sogar eine Urkunde für meinen 5. Platz im Altersklassement der Deutschen Meisterschaft abholen dürfte. Mich zieht es schon wieder mit Tine in die Berge, wir genießen die Sonne, leckeren Kaiserschmarrn auf der Stepbergalm und den heute freien Blick auf den Gipfel der Zugspitze, während der Lärm der Ehrung in Schwaden bis zu uns heraufdringt.



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