Plain Vanilla 5.0 - laufkultur.de

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4 x nomm, riebr, druffnuff und abe!

Connys Plain Vanilla 5.0
Ultraschnecke Conny wird 50 und lädt zum Ultra. Das macht sie nicht zum ersten Mal, zum einzigen Mal aber an ihrem runden Geburtstag. Grund genug, dem Ruf zu folgen und an den Start zu gehen. Und Termin und Lauf passen genau ins Konzept. 3 Wochen nach der langen Trainingspause eine erste Standortbestimmung und mit 50 km eher kurz... für mich heute also genau richtig.

Dazu verspricht das Wetter optimal zu werden, morgens beim Start noch kühl, dann zunehmend wärmer, die Strecke ist trocken und mit 4 gleichen Runden gut einzuteilen.

Um 9:00 Uhr solls losgehen, eine halbe Stunde vorher bin ich - mit kleinem Gepäck an der Kelter in Weilheim/Teck. Während Chris als Titelverteidiger noch mit der lokalen Presse vom Teckboten reden muss, habe ich gemütlich Zeit, noch nen Zehner ins Geburtstagssparschwein für Conny zu stecken, Grace, Keule und all die anderen bekannten Gesichter zu begrüßen und mich nebenbei startklar zu machen. Ein paar warme Worte noch vor dem Start und dann werden wir - sogar mit richtigem Startschuss - auf die Strecke geschickt. Diese ist schnell beschrieben.
Strecke um die Limburg
Von der Kelter aus laufen wir einmal fast komplett um den markanten, 597 m hohen Gipfel der Limburg herum, um dann doch im letzten Augenblick abzubiegen und hoch zu kraxeln, die Meter kurz vorm Gipfel in steilen Serpentinen. Wer zu dem Zeitpunkt immer noch gut bei Kräften ist, darf über den abgeflachten Gipfel stürmen, um sich auf der gegenüber liegenden Seite halsbrecherisch ins Tal zu stürzen. Bis ins Ziel gehts dann fast nur noch bergab... fast, bis auf eine kleine fiese Schleife mit leichtem Gegenhang. Die tut zwar auf der ersten Runde nicht weh, aber dafür dürfen wir ja so oft auf die Runde, bis es garantiert weh tut, insgesamt vier Mal.

Die Limburg hat nie Lava fließen sehen, vulkanischen Ursprungs ist sie trotzdem unverkennbar. Schuld daran ist eine gigantische Staub und Gasexplosion, die Magma nach oben beförderte, aber nicht zum Ausfluss brachte. Zum witterungsbeständigen, markanten Kegel hat es doch gereicht, rund 600 Meter über dem Meeresspiegel und 200 Höhenmeter über der Talsohle; Werte, die ziemlich genau mit denen meines fränkischen Hausbergs und Trainingsareals, dem Moritzberg, übereinstimmen. Schon allein deshalb sollte mir die Strecke heute liegen.
Profilbild
Wen frisst der Drache auf der Limburg?
Vom Start weg macht Chris die Pace. Klar, er ist gewillt, seinen Titel zu verteidigen. Wer ihm diesen streitig machen will, wird ebenso schnell deutlich: Victor geht das schnelle Anfangstempo mit, zudem Stefan, den ich bisher nicht kannte, nicht auf der Startliste stand, aber mit den letztjährigen Sieg beim Allgäu Panorama Trail aufwarten kann. Ich halte mich da raus, gehe erst mal austreten, Ramin ebenso. Allerdings behalte ich die Jungs eine zeitlang im Auge und beobachte ihr Battle. Mal ist der eine vorne, mal der andere, immer, wenn sich einer abzusetzen beginnt, kontert der nächste.

Das ist Wahnsinn, schon in der ersten Runde. So etwas macht man normalerweise in der dritten, um einen möglicherweise entscheidenden Vorsprung in die letzte Runde zu mitzunehmen, aber jetzt schon, vor dem ersten Aufstieg zur Limburg? "Wenn sich da mal einer nicht verzockt", denke ich mir und beschließe, in Lauerstellung zu bleiben. Schließlich lebte, der Sage nach, auf der Limburg früher ein Drache, ich bin gespannt, ob auch heute jemand dem Drachen zum Opfer fällt.

Leichtfüssig nehme ich den steilen Aufstieg zur Limburg, gönne mir einen Rundblick und suche dann ein wenig desorientiert den Weg bergab. Ein flotter Downhill und nach wenig mehr als einer Stunde gehe ich schon in die 2. Runde. Das ist viel zu schnell, denke ich mir und werfe einen bewundernswerten Blick nach Vorne, wo mir das Führungstrio längst enteilt und aus meinem Blick entschwunden ist.
Runde 2 und 3
Meine Runde 2 verläuft in völliger Einsamkeit. Vor mir ist niemand zu sehen und hinter mir auch niemand. Ich widme meinen Blick also der erfrischenden Natur, die blüht und grünt, was das Zeugs hergibt, einfach traumhaft. Nur beim Blick auf die Limburg sehe ich immer wieder Läufer, die sich noch auf der ersten Runde befinden. Ich bin gespannt, wann mir die erste Überrundung gelingt. Und die passiert tatsächlich wenige Schritte vor Vollendung meiner zweiten Runde; praktisch gemeinsam laufen wir die Verpflegung an.

Runde 3 ist dann nicht ganz so einsam. Immer wieder darf ich ein paar Läufer überrunden. Ich treffe Conny auf der Strecke, bringe sogar noch die Luft auf für ein laufendes Geburtstagsständchen. Die Luft geht mir dann allerdings beim Aufstieg zur Limburg aus, das dritte mal die ekligen Treppenstufen gehen ganz schön in die Beine und ich plane schon für mich, auf der letzten Runde eine gemütliche einzulegen...

...bis ich beim Anlauf zur Verpflegung plötzlich Victor sehe, der gerade in dem Augenblick auf die 4. Schleife geht, während ich meine 3. vollende.

Meine Lebensgeister erwachen neu...
Die 4. Runde - Angriff auf Platz 3
Ein Schluck, kein Bissen und ich mache mich an die Verfolgung. Victor ist längst wieder außer Sichtweite und trotzdem ist mir klar, dass ich ordentlich aufgeholt haben muss. Das soll - wenns nach mir geht - auch so bleiben. Und tatsächlich gelingt es mir, noch vor dem ersten Berg an ihn heran und auch gleich vorbei zu laufen. Allerdings merke ich beim ersten kurzen Blick nach hinten, dass er nicht gewillt ist, sich kampflos zu ergeben. Selbst auf der ersten Kuppe noch verheißt der Blick zurück nichts Erfreuliches.

Verbissen stürze ich mich in die asphaltierten Serpentinen hinunter ins schön benannte Zipfelbachtal (bergab ist bekanntlich nicht meine Stärke). Kurz vor der letzten Kletterei erwische ich auch noch Klaus "Keule" Neumann, traue mich aber nicht, für einen längeren Smalltalk die Pace zu reduzieren. Mit schweren Beinen werfe ich mich in den letzten Anstieg, quäle mich die "vermaledeiten" Treppen ein letztes Mal hinauf und versuche, auf nicht ganz so steilen Passagen immer wieder Gas zu geben.

Trotzdem taucht Victor bereits oberhalb der Weinberge auf, als ich gerade mal die zweite oder dritte Serpentine hinter mir gelassen habe. Ein Biker kommt mir kurz vor dem Gipfel noch entgegen, mit stierem Blick schiebe ich mich an ihm vorbei, dann habe ich es geschafft. Ich quäle mich übers Plateau und stürze mich in den Downhill. Stürzen wäre übertrieben, zu groß ist die Angst, gerade jetzt mit müden Beinen zu stolpern. Hinunter, links, rechts, Blick zurück - hinter mir ist niemand zu sehen - weiter, ein letztes Mal die winzige kleine Steigung der Querpassage hinauf.

Erst auf den letzten Metern kann ich Tempo herausnehmen, ins Ziel trudeln, wo mich Chris schon freudig erwartet. Das war eine giftige letzte Runde, die ging richtig an die Substanz. Sogar meine Startnummer ist irgendwo verloren gegangen. Die ersten Minuten sitze ich einen Meter von der Verpflegung entfernt, unfähig aufzustehen und mir etwas zu trinken zu nehmen. Ich muss mich bedienen lassen. Erst später in der Sonne erwachen die Lebensgeister wieder. Zum Glück geht es Chris und Stefan genau so. Gemeinsam sitzen wir in der Sonne und genießen den vergehenden Schmerz. Wir berichten, wie es uns ergangen ist, wie jeder von uns das Rennen erlebt hat, von Konkurrenz keine Spur, jeder ist mit sich und dem, was er erreicht hat, vollends zufrieden.

Ich schnappe mir noch ein Stück vom Geburtstagskuchen, dann gehts nach Hause. Chris hat Dienst, ich erwarte Gäste. Die Esslinger Kneipennacht will durchtanzt werden. Ich frage mich "Wie?" doch für eine Antwort ist ja noch ein paar Stunden Zeit...




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