Südtirol Ultra-Skyrace - laufkultur.de

laufkultur.de
laufkultur.de
laufkultur.de
laufkultur.de
Direkt zum Seiteninhalt
Südtirol Ultra-Skyrace
Im 2. Anlauf über die Sarner Hufeisenrunde
Frühstücksgespräch inmitten von Weinbergen mit Blick auf Bozen: „Warum machst Du das? Genügt es Dir nicht, morgens los zu laufen und vor Einbruch der Dunkelheit im Ziel zu sein?“ Damit spricht Tine auf den Zugspitz-Ultra vor wenigen Wochen an und äußert sich gleichzeitig besorgt über das, was heute Abend um 20 Uhr erfolgen soll: Mein Start zum Südtirol Ultra-Skyrace!
Obwohl mitten im Herzen Südtirols gelegen, bleibt die Sarner Hufeisenrunde vielen Wanderern bislang verborgen. Auch das Skyrace auf genau dieser Strecke zieht nicht unbedingt die Massen an Läufern. Zu lang? Zu anspruchsvoll? Zu selektiv? Wer das Ziel erreicht – das tun im Regelfall selten mehr als 60 % der Starter - hat 121 km und 7554 Höhenmeter hinter sich gebracht. Die Schnellsten schaffen das in rund 18 Stunden, die Letzten werden bis zu 40 Stunden benötigen, durch zwei Nächte hindurch.  Die meiste Zeit haben sie sich dann auf Höhen über 2000 Metern bewegt, die – schon kurz nach dem Start erreicht - nur einmal kurz während des Rennens unterschritten werden.

Vergleichbare Rennen sind – abgesehen vom GGUT – im Verhältnis dazu fast Spaziergänge. Der ZUT – nur um ein Beispiel heranzuziehen, erreicht in den wenigen Peaks kaum die Höhe, in der sich das Skyrace fast durchgängig bewegt; Tempostrecken im Tal, flach und auf Fahrwegen (wie zwischen Leutasch und Ellmau) finden sich in den Sarner Alpen praktisch gar nicht.

Ich selbst bin zum zweiten Mal am Start; 2014 versuchte ich mich schon einmal an der vielleicht anspruchsvollsten Trailstrecke Europas, musste jedoch nach 95 km entkräftet aufgeben, obwohl zu diesem Zeitpunkt prinzipiell die Schwierigkeiten alle hinter mir lagen. Nur noch 350 Höhenmeter hätte ich hinter mich bringen müssen. Was war passiert? Ich war gut ins Rennen gestartet - vielleicht etwas zu schnell - und musste ab Kilometer 40 heftig dafür büßen. Magenprobleme machten mir zu schaffen und hinderten mich an den Verpflegungsstationen an einer ausreichenden Nahrungsaufnahme. Ich kam hungrig an, doch nach ein paar Bissen war Schluss; Ekel, Würgereiz, sowohl was Essen, als auch das Trinken anbelangte. So quälte ich mich 55 km von einem Hungerast zum nächsten. 55 km, das entspricht im Rückblick unglaublich erscheinenden 17 Stunden Kampf mit den Bergen, dem Körper und vor allem der Moral. Letztere war damals 25 km vor dem Ziel endgültig gebrochen, die Vorstellung, mich noch weiter zu quälen, unerträglich. Ich erlebte meinen ersten DNF.  


Doch zurück zur Ausgangsfrage. Was antwortet der Kletterer auf die Frage, weshalb es noch ein Schwierigkeitsgrad mehr sein muss, der Bergsteiger, weshalb der 3000er nicht genügt? Deshalb bleibe ich eine Antwort irgendwie schuldig. Vom Ultra-Trail geht für mich eine Faszination aus, ich liebe es, in den richtig alpinen Regionen zu laufen, auch wenn ich da sicher nicht unbedingt meine Stärken zum Ausdruck bringen kann.

Im Verlauf des Rennens werde ich mich mit Christian, einem meiner vorübergehenden Begleiter unterhalten. Er erzählt, dass er als Neuling auf solch langen Distanzen nicht weiß, ob er „dabei“ bleiben will und ich rate ihm, bei der Antwort auf sein Inneres zu hören, zu hinterfragen, was er selbst wirklich will und sich nicht vom „höher, schneller, weiter“ der Szene leiten zu lassen.
Abgesehen davon, dass Tines Frage an diesem Morgen unbeantwortet bleibt, war sie auch nicht unbedingt geeignet, meine Zuversicht aufzubessern. Diese leidet, nur wenige Stunden vor dem Start erbärmlich unter meinen Selbstzweifeln. Werde ich es schaffen, ins Ziel zu kommen? Was taugen meine Analysen des Scheiterns 2014 und habe ich die richtigen Schlüsse daraus gezogen?
Damals hatte ich vorab zwar deutlich mehr Trainingskilometer in den Beinen, Rennkilometer jedoch auf eher kurzen und hügeligen Strecken. Dieses Jahr habe ich versucht, mich alpiner vorzubereiten, schwierige Rennen (Bizau Ultra; ZUT, Sanctuary) bestritten und mit einem Kurzurlaub in der Woche vor dem Rennen schon mal ein wenig akklimatisiert.

Und ich will langsam starten, immer auf meinen Körper hören und keinesfalls übermütig werden. Denn das kann auf der Strecke schnell fatal enden! Und die sieht so aus:
Die Strecke
Knapp 20 Kilometer nach dem Start im Zentrum von Bozen wird das Rittner Horn erreicht und davor bereits die 2000 Meter Höhenlinie überschritten. Gipfelsicht ist zu dem Zeitpunkt nicht mehr zu erwarten. Es wird stockdunkel sein, der Blick für viele Stunden nur noch auf den Kegel der Stirnlampen beschränkt.

Die Sarner Scharte, das Latzfonser Kreuz und die Flaggerschartenhütte stellen topographisch zwar erst mal wenig Ansprüche, doch das stete Auf und Ab, zudem die Orientierung in der Nacht, fordern genug. Bis zum Penser Joch brauchen die Cracks keine 8 Stunden, erreichen den nördlichsten Punkt der Runde also noch mitten in der Nacht, unvorstellbar, wenn man weiß, wie viele Kilometer fast ausschließlich über verblocktes Gelände führen, schon bei Tageslicht eine echte Strapaze. Hier hat der langsame Läufer deutliche Vorteile, denn die Markierungen sind oft nicht so leicht zu sehen. Immer wieder weicht man von der Originalroute ab, muss sich über wackelige Felsen balancieren.

Die Orientierung in der Nacht funktioniert zum einen über leuchtende Pfeile oder Punkte, die auf den Boden gesprüht sind oder über Fähnchen, die mit einem Reflektor ausgestattet sind. Doch die sind manchmal ein wenig problematisch, wenn sie sich am Wind ausrichten und dadurch dem Läufer wenig Reflexionsfläche entgegen zeigen.

Am Penser Joch fängt das Rennen eigentlich erst an. Das Gerölljoch fordert bergsteigerische Qualitäten, ggf. ist mit Schnee auf der Strecke zu rechnen. Auf alle Fälle trägt es seinen Namen zu Recht. Danach wartet der einzige lange Downhill auf die Läufer. Rund 1000 Meter geht es auf 5 km hinunter, kein wirkliches Vergnügen, sondern Knochenarbeit. Zunächst in steilen Serpentinen mit hohen Absätzen, dann über Wiesen und zuletzt einen steilen, teils asphaltierten Fahrweg hinunter, zu steil, um es einfach nur entspannt laufen zu lassen.

Und erst dann beginnen die Hauptschwierigkeiten. Der Übergang Alpler Nieder und kurz danach die Scharte des Hirzers bringen einen nicht nur auf fast 2700 Meter, darüber hinaus stellen die beiden Berge die Hauptschwierigkeiten des Rennens dar. Da gilt es schon mal, mit der Hand anzupacken und sich über die Felsen nach Oben zu ziehen. 2014 zerbrach mir am Übergang ein Stock und damit wohl auch die Moral zum Durchhalten.

Hat man den Hirzer überschritten, ist das Rennen eigentlich gelaufen. Trügerisch, denn noch immer stehen 35 alpine Laufkilometer an, ein knapper Marathon. 500 Höhenmeter bergauf, im Grunde nicht der Rede wert, doch auch 2500 Meter bergab, da glühen die bereits gequälten Waden und Oberschenkel. Denn während der Wanderer auf der Meraner Hütte entspannen kann und seine Hufeisenrunde ggf. sogar beendet, geht das Rennen weiter, zuerst sanft über die „Stoanernen Mandln“, zuletzt garstig steil bergab dem Ziel in Bozen entgegen. Die meisten erreichen dies mitten in der Nacht; kein Zuschauer, keine finale Anfeuerung, alleine mit sich und den vielfältigen Schmerzen in allen Gliedern.
Die Zeit vor dem Start
Vor dem Rennen sind Ausrüstungskontrolle und Briefing Pflichttermine. Alleine das Briefing dauert fast eine Stunde. Neben den bekannten Themen wie Streckenmarkierung wird uns auch eingeimpft, was mit „Code red“ gemeint ist. Der wird ausgegeben, sollte das Rennen abgebrochen werden. Dass ist alles andere als abwegig, so die Erfahrungen der vergangenen Jahre. Gerhard Börner kann von der ersten Austragung ein davon Lied singen. Vor allem der Abschnitt um den Hirzer herum gilt als extrem unwettergefährdet. Auch dieses Wochenende sind für den Samstagabend schwere Gewitter angekündigt und das mittlerweile erfahrene Team um OK-Chef Josef Mair sorgt sich nicht umsonst. Deshalb werden uns Verhaltensregeln und möglichen Notfallmaßnahmen gewissenhaft eingeschärft, dazu Rückzugsmöglichkeiten angezeigt. Auch eine Unterbrechung des Rennens (Code yellow) ist möglich, dann wird das Rennen mit einem „Code green“ wieder frei gegeben, die Unterbrechungszeit an den Zielschluss angehängt.

Aus meiner langjährigen Erfahrung heraus nehme ich die Warnungen durchaus ernst, packe neben der Pflichtausrüstung, die eine wasserdichte Jacke, warme Kleidung, Verbandszeug und eine Stirnlampe nebst Ersatzbatterien fordert, zusätzlich eine wasserdichte Hose, Notfall-Poncho und kleine, sich selbst erwärmende Kissen in meinen Laufrucksack. Die kleine Notfallstirnlampe mag manchem als Luxus erscheinen, doch Lampen können einen Defekt erleiden und selbst ein Batteriewechsel, womöglich in Sturm und vollständiger Dunkelheit, ist bei hinzukommender Erschöpfung eine echte Herausforderung. Da ist meine Devise klar: Lieber zu viel dabei als zu wenig! Und trotzdem wirkt mein Rucksack winzig, ein wahres Raumwunder.

Endlich ist es soweit. Mit dem Auftauchen des Vorjahressiegers und diesjährigen Favoriten im Startkanal auf dem Waltherplatz mitten in Bozen erreicht die Spannung vor dem Start ihren Höhepunkt. Daniel Jung ist Weltklasse, obwohl erst Anfang 20. Doch seine Bilanz im vergangenen Jahr spricht Bände: 8 Starts, dabei 6 Siege allein auf Ultratrails, und das bei gut besetzten Rennen, z.B. dem Dolomiti Extrem oder dem TAR. Herausgefordert wird er in diesem Jahr überraschend von Philipp Reiter, der mit der Startnummer 200 antritt, also nachgemeldet hat. dem wohl bekanntesten dt. Trailläufer. Allerdings fehlt der ursprünglich gemeldete Adrian Brennwald, ich hätte mich gefreut, ihn mal wieder zu treffen. Immerhin kennen wir uns schon fast 10 Jahre von den Strecken dieser Welt.
Die erste Rennhälfte
 
Sekunden später geht es los! Drei - vier Ecken durch die winkeligen Gassen der Stadt, ein Abzweig und das euphorisch losbrausende Läuferfeld wird jäh gebremst durch den langen, steilen Aufstieg unterhalb der Rittnerbahn. Ich gehe von nun an meinen eigenen Rhythmus, immer bedacht, mich nicht zu überanspruchen, regelmäßig zu trinken und an den Verpflegungsstellen reichlich zu essen, meist Suppe mit Kartoffeln oder Nudeln, Obst Gurke, Salziges. Auf Cola verzichte ich fast diesmal fast ganz.

 
Und ich habe Gelegenheit, meine Mitstreiter zu beobachten. Zunächst habe ich Annemarie Gross im Blick, die Siegerin der ersten Jahre. Sie wird allerdings das Rennen nicht beenden, ebenso wenig Christiana Follador, die nicht nur mir durch ihr knappes Outfit und ihren „Stakkato-Schritt“ im Anstieg auffallen. Und da ist noch Roberto, der nicht nur wegen seiner geschnitzten Holzstöcke auffällt. Er trägt zudem eine Trekkinghose und ein legeres kariertes Wanderhemd, statt Rucksack nur eine Umhängetasche. Später sehe ich ihn dann noch mit Strohhut über die Trails flitzen.

 Bald wird es dunkel, die Sicht und damit auch Konzentration reduziert sich auf den kurzen Streckenabschnitt, den die Stirnlampe ausleuchtet. Jetzt weisen die reflektierenden, aufgesprühten Punkte und Fähnchen den Weg, in Zweifelsfall hilft der Blick aufs GPS-Gerät, doch den kann ich mir – bis auf eine kurze Strecke - sparen. Trotzdem erfordert gerade das Laufen im Dunklen die volle Konzentration, denn der Blick muss praktisch ständig vom nächsten Schritt zur Route voraus und wieder zurück pendeln. Gut ists, wenn man da zu zweit unterwegs ist und finde tatsächlich phasenweise in Christian einen Begleiter. Doch über weite Strecken verbringe ich die Nacht alleine mit mir, immer in 5-km-Abschnitten denkend, die durch kleine Schilder markiert sind und für die ich über lange Zeit jeweils eine Stunde einkalkuliere und damit eine Endzeit von rund 24 Stunden vor Augen habe. Anfangs bin ich schneller, später zehre ich vom Polster.

Beim Verpflegungsstopp an der Flaggerschartenhütte erlebe ich dann den Sonnenaufgang, erst leuchtet die bereits arg mitgenommene italienische Flagge, kurz darauf bricht sich das Licht am Grat. Das sind die Momente, in denen sich solche Strapazen lohnen. Diese Bilder bleiben im Gedächtnis. Auch in der kommenden Stunde, als ich den Sonnenaufgang im Sarntal von den Berggraten aus erleben darf, genieße ich intensiv. Das Rennen rückt dann in den Hintergrund.
Die zweite Hälfte!
Am Penserjoch: 12 ½ Stunden sind vergangen. Ich höre in den Körper hinein. Hier hatte ich vor drei Jahren bereits arge Probleme, würgte mir nur mit Mühe ein paar Nudeln hinunter, heute fühle ich mich fit, esse genussvoll und freue mich auf die Flasche Haferschleim, die ich mir für die kommenden Zwischenstopps als bekömmliche Nahrung in den Rucksack stecke. Nahrhaft und leicht bekömmlich, die Erfahrungen vom Rennsteiglauf sind zwar schon alt, aber durchaus haften geblieben. Christian sitzt mir gegenüber, kämpft er mit einem Tief. Er fühlte sich gut, erhöhte vorhin das Tempo und muss nun dafür büßen. Jetzt will er bei mir bleiben. Er vertraue meiner Erfahrung, ein solches Rennen ins Ziel zu bringen, sagt er. Ob er sich da nicht täuscht, denke ich im Stillen. Gemeinsam erobern wir das Gerölljoch, klatschen uns auf dem Grat ab, bevor wir weiterlaufen. In kurzen Abschnitten denken und „Etappensiege feiern“ ist das Mittel der Wahl, wenn man mit Problemen kämpft. Doch bis zur Zerreißprobe werden unsere Oberschenkel beim folgenden Downhill gequält, ehe sie der lange Ziehweg zur Verpflegungsstelle Ebenbergalm erlöst. Dafür strapaziert der die Nerven. Nie kommt eine Verpflegung so früh wie man sie sich erhofft. Irgendwann wandert das Rennen von den Beinen in den Kopf, denn irgendetwas stimmt immer nicht: Ein Schmerz hier, der nicht vergehen will, eine Verpflegungsstelle, die auf sich warten lässt, ein Abschnitt, der zu steil ist und und und… Dagegen ankämpfen fällt von Stunde zu Stunde schwerer. Und doch ist es oft nur der Kopf, der gegen einen spielt.

Kaum zu glauben, dass wir irgendwann auch auf dem Alpler Nieder stehen, der Übergang sieht von unten nahezu unüberwindbar aus. Zum Glück ist er dieses Jahr schneefrei. Freudig begrüße ich einen Bergwachtler, der sich tatsächlich an meine Stockreparatur vor drei Jahren erinnert und fragt, ob das Ding bis ins Ziel durchgehalten hätte. Naja, der Stock eher als ich, gebe ich zur Antwort.
Nicht ganz ohne ist dann auch die Passage bis zum Grünangerjoch, wir verlaufen uns auch kurz, doch dafür ist der Rest bis zur Hirzerhütte wieder ein Genuss. Trailflow! Und die motivierenden Worte einiger Bergwanderer tun ebenfalls gut.

Ausruhen, Kraft schöpfen, nicht allein für die 700 Höhenmeter über die Scharte des Hirzers, sondern vor allem für das ewig lange Stück danach am Kratzberger See vorbei bis zur Meraner Hütte, der längste Abschnitt ohne Verpflegung. Mit Erfolg, denn die Scharte packen wir in rekordverdächtigen 66 Minuten. Wir ziehen in einem Stück ohne eine einzige Pause durch. Doch dafür leide ich dann wieder auf dem Weg hinunter, erst ein außerplanmäßiger Halt und ein alkoholfreies Bier auf der Kesselbergalm bringen mich wieder in Schwung. Jetzt bin ich mir auch sicher, dass ich finishen werde.


Verlängerung
 
Meistens ist die zweite Hälfte eines Rennens die längere, auch ich muss notgedrungen in die Verlängerung.

Gemeinsam mit Wolfgang, der ebenfalls gerade ein (etwas längeres) Tief durchlitten hat, mache ich mich auf den Weg nach Bozen. Angetrieben werden wir durch eine Unwetterwarnung, die uns erreicht und ein Gewitter rund um den Hirzer vorhersagt. Noch sind wir nicht über den Berg, die Stoanern Mandl sind ausgesetzt und blank, erst der Möltner Kaser verspricht einigermaßen Sicherheit. Also beschließen wir, sicherheitshalber auf die Tube zu drücken. Die „Fluffigen Trails“ laden auch richtig zum Gas geben ein, gut zu laufen und leicht abfallend, ideal zum Tempo machen. Was mir auch gelingt, bis ungefähr 10 km vor dem Ziel mein Körper rebelliert. Eine leichte Übelkeit steigt auf und ich verzichte sicherheitshalber auf die eigentlich dringend benötigte Flüssigkeit. Also heißt es von jetzt an Durchbeißen, gegen den Körper, gegen die steigende Körpertemperatur, gegen den fürchterlich steilen Abstieg hinunter nach Bozen und gegen die Saunatemperaturen, mit der uns der Bozener Kessel selbst jetzt noch - es ist längst schon wieder dunkel - erwartet. Wer bis hier hin noch nicht geschafft war, die letzten Kilometer schaffens bestimmt. Gefühlt durchleide ich soeben die Hölle. Wüsste ich nicht, dass ich trotzdem irgendwie den Berg hinunter muss, ich könnte sitzen bleiben...

 
Der Zieleinlauf fällt deshalb entsprechend wenig euphorisch aus (praktisch, dass der Photodienst im Ziel nur wenige Minuten vor mir aufhört und erst am Morgen wieder beginnt), doch zwei Eisbeutel und ein paar Minuten Ruhe bringen alles wieder ins Lot. Langsam weicht die Erschöpfung der Freude, die beeindruckenden Bilder des vergangenen Tages rücken wieder in den Vordergrund. Und die Erkenntnis, was ich geleistet habe.

 
86 von 200 Startern erreichen das Ziel nicht, Sieger wird wie erwartet Daniel Jung in 18:33 Std., schnellste Frau ist Maria Kemenater in 21:58 Std.; ich selbst brauche 27:37 Std. und werde damit 40.
Zurück zum Seiteninhalt