Sanctuary 50 - laufkultur.de

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Sanctuary 50
3 x 3.
Nach ein paar Jahren Pause ist es an der Zeit, endoch mal wieder in Geitau beim Sanctuary 50 vorbei zu schauen. Konkurrenzveranstaltungen gibt es zu genüge: Der Chiemgau Ultra findet statt und auch in Salzburg wird beim Mozart 100 gestartet. Und trotzdem habe ich mich für den Sanctuary entschieden. Die Strecke ist unschlagbar, die Atmosphäre einfach gechilled und lässig, die Base am Hasenöhrl-Hof ideal für Start und Ziel.

Dafür nehme ich dann auch die anstrengende Anreise aus Erfurt in Kauf. Ich bin erst gegen 21:00 Uhr vor Ort, esse noch eine Kleinigkeit, richte meine Sachen für den Start am nächsten Morgen und schlüpfe ziemlich angespannt in meinen Schlafsack, der heutige Tag war anstrengend, unschöne Ereignisse beschäftigen mich auch in der Nacht.

Entsprechend früh bin ich dann auch wach, kann in aller Ruhe den Start der frühen Startgruppe verfolgen, ehe ich mich darum kümmern muss, selbst startklar zu werden. Wettertechnisch sollte heute nix schief gehen, trotzdem verzichte ich nicht auf den nötigen Schlechtwetterschutz, dazu Verpflegung, 2 Softflasks und eine 3. leere Flasche für den Aufstieg zum Wendelstein. Der ist lang, warm und vermutlich ohne Gelegenheit, nachzutanken.
Erst mal den Kopf frei bekommen
Nawid meinte noch, es wären ein paar "Locals" angemeldet, die pfeilschnell über die Höhen kraxeln. Die bestimmen meine Renntaktik am Start. Ich will vorne mit dabei sein und zudem meinen Kopf frei bekommen von den Gedanken an den Vortag und nutze den Aufstieg zur Aiplspitz , um mich erst mal ein wenig auszupowern. Nicht gerade vernünftig, wenn man weiß, dass noch 6 weitere Gipfel vor einem liegen, aber seis drum.

Meine Taktik klappt, oben am Kreuz sind die ablenkenden Gedanken Geschichte und ich in Begleitung von Tobi und Toni an der Spitze. Mit ihnen erreiche ich den Gipfel des Hochmiesings, bevor sie mir dann letztendlich davonziehen. Ob ich sie wieder sehen werde, hängt jetzt davon ab, ob die Beiden womöglich einen Einbruch erleben und ich gleichzeitig gut durchkomme.

Nach hinten habe ich schon relativ viel Luft, entsprechend entspannt erklimme ich die Rotwand, cruise hinunter zum Rotwandhaus und hinüber zur Auerspitz. Dort habe ich mich bei meinem letzten Start ziemlich verlaufen und bin deshalb dieses Jahr zum einen aufmerksamer, zum anderen hat sich mir der richtige Weg ins Gedächtnis gebrannt. Einfach geradeaus über den Gipfel, an sich gar nicht so kompliziert.

Auf dem Gipfel treffe ich dann auch schon auf Gerhard, der in der 1. Startgruppe 1 1/2 Stunden früher losgelaufen war.
Keine Steinchen sondern Blasen!
Ich genieße den Downhill hinunter zu Niederhofer-Alm, auch der Wechsel vom Single-Trail zum Fahrweg stört mich nicht wirklich. Ich freue mich auf die bekannt gute Brotzeit und das Alkoholfreie auf der Alm und will dort die Gelegenheit nutzen, mich von Unterhemd und Steinchen im Schuh zu befreien.

Kurz vor der Alm überhole ich mit Sabine noch die 1. Frühstarterin und setze mich wenig später genüsslich auf die Bank vor der Hütte und greife zum schnell gereichten Bier und zum Käsebrot. Zu meinem Leidwesen muss ich allerdings feststellen, dass ich keine Steinchen im Schuh habe, die Druckbeschwerden müssen also anderer Ursache sein... ich habe eine Blase. Und sie fühlt sich großflächig an. Woher und weshalb kann ich nicht sagen. Meine Schuhe wurden an der Krottenthäler Alm kurz nass, das könnte der Grund sein; möglich ist aber auch, dass sich Schuhe, Socken und Füße heute einfach nicht vertragen.

Egal, weiter gehts!

Kurz bevor ich zur Niederhofer Alm abgebogen bin, habe ich noch Tobi vor mir gesehen. Ich bin gespannt, ob ich ihn auf der Pendelstrecke hinauf zum Seeberg noch einmal wiedersehe. Und da mich meine Blasen bergauf nicht sehr behindern, kraxel ich auch gleich recht flott die Serpentinen hoch zum meist unterschätzten Gipfel. Kurz nachdem es an der Seebergalm abzweigt hinunter nach Bayrischzell, kommt mir auch noch Toni entgegen. Tobi treffe ich erst kurz vor dem Gipfel. Der Rückstand zu ihm ist also durchaus überschaubar, während Toni mir wohl doch schon eine Viertelstunde vorauseilt. Nach hinten auf Lewis habe ich geschätzt 10 Minuten Luft, jetzt bin ich gespannt, wie sich der lange Weg hinunter nach Bayrischzell anfühlt. Klappt es, kann ich weiter laufen, klappt es nicht und die Schmerzen werden unerträglich, besteht hier die Gelegenheit, das Rennen zu beenden.
Der Downhill ins Tal klappt so halbwegs, zwar nicht mit Highspeed, aber auch nicht völlig unrund. So begrüße ich Felix, seine Frau und Nachwuchs an der Verpflegung, fülle meine Flaschen und mache mich auf, hoch zum Wendelstein. Irgendwo beim Anstieg bemerke ich, dass sich mein Stockeinsatz irgendwie wackelig anfühlt. Ich schaue hinunter und sehe, dass der Stock angeknackst ist. Wenig später knickt er mir komplett weg und ist damit unbrauchbar. Keine Ahnung, wo ich das Carbon falsch belastet habe, so dass es zum Bruch kam. Damit bin ich ab jetzt doppelt behindert. Einstöckig den Berg hoch läuft sich unrund, mit Blase hinunter noch mehr. Doch ich bin gewillt, durchzuhalten. Es bleibt mir auch nicht viel anderes übrig. Habe ich den Wendelstein erklommen, dann kann ich hinunter auch noch den Breitenstein mitnehmen, das macht nicht mehr viel aus.

Hatte es heute Morgen beim Aufstehen noch frische 5 °C, ist es mittlerweile am sonnigen und recht kahlen Berg ordentlich warm geworden. Und die Zahl der Wanderer nimmt von Schritt zu Schritt zu. Heute ist "Kampftag" am Gipfel des bekannten Aussichtsberg, der sowohl mit Gondel, als auch mit Zahnradbahn erreichbar ist. An der Gastronomie kurz unterhalb des Gipfels reihen sich die Schlangen vor der Getränke- und Essensausgabe. Schnell schlängel ich mich durchs Gewühl, das bis zum - auf asphaltierten Serpentinen erreichbaren - Gipfel andauert. Ein kurzes Gipfelfoto und ich mache mich wieder vom Acker, biege schnell ab auf den Panoramaweg und habe nur Minuten später das Getümmel hinter mich gelassen. Bekannt steil und rutschig und damit vorsichtig gehts talwärts.
Stockbruch!
Als ich kurz einen leicht zu übersehenden Abzweig verpasse, läuft plötzlich Lewis zu mir auf, an mir vorbei und verschwindet. Meine linke Ferse macht einen schnellen Downhill unmöglich. Allerdings sind wir schon fast am tiefsten Punkt, sodass ich schnell wieder zu ihm aufschließen kann. Gemeinsam erreichen wir Nawid, der auf halber Strecke zum Breitensteingipfel wie immer auf uns Läufer wartet.

Da ich Lewis nicht halten kann, bleibe ich ein paar Minuten bei Nawid sitzen, ehe ich mich auf die letzten 7 km zurück nach Geitau mache. Kurz vor dem letzten Gipfel des Tages sehe ich Lewis noch beim Downhill, ehe er für mich nicht mehr erreichbar entschwindet. Der Abstieg vom Breitenstein über Birkenstein hats in sich. Er ist immer wieder tierisch steil, teils rutschig und nicht immer leicht zu finden. Da ich weder nach Vorne noch von hinten Druck verspüre, versuche ich meine Ferse weitestgehend zu schonen und trotzdem halbwegs zügig ins Tal zu kommen. Ab Birkenstein sind die letzten Meter dann flach, asphaltiert und kein Problem mehr. Aber mir reicht es jetzt, ich bin froh, bald im Ziel zu sein.

Routinemäßig drehe ich mich irgendwann um und bin überrascht, als ich hinter mir Lewis auftauchen sehe. Er muss sich verlaufen haben. Da ich keine Lust verspüre, auf den letzten Metern überholt zu werden, beschleunige ich noch ein wenig, halte dafür 100 Meter vor dem Ziel an, um auf meinen Verfolger zu warten. Ich freue mich zwar, zum 3. Mal als Dritter hier in Geitau einzulaufen, möchte dies aber nicht dem Verlaufen der Konkurrenz verdanken. Es ist gerecht, wenn wir uns den 3. Platz teilen. Dabei hätte es fast noch zum Finish als Zweiter gereicht, denn auch Toni vor uns hatte seine Wehwehchen und hatte am Ende nur rund 10 Minuten Vorsprung. Überhaupt forderte die Strecke ihre Opfer. Kaum jemand kam dieses Jahr ohne Blessuren durch, etliche Starter scheiterten an der selektiven Strecke. Und ich war nur wenige Minuten langsamer als 2018. Aber es war ein teuer erkauftes Finish. Die Fußsohlen brennen, ich bin gespannt, wie lange es dauert, bis sich die Haut ablöst. Ein Grund mehr, sich noch ein wenig länger an die 21er Ausgabe des Sanctuary zu erinnern.


Heute kam kaum jemand ohne Blessuren über die Strecke.
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