Maintal-Ultratrail - laufkultur.de

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Maintal-Ultra!

Der Mittelgebirgstrail vom Feinsten!
Fast ein viertel Jahr Rückenprobleme haben mich zurückgeworfen. Ein guter Trainingsmonat fehlen mir im ersten Halbjahr in meinem Lauftagebuch. Deshalb habe ich mir die Saison neu gestaltet und bin im Juli statt auf den Bigtrails der Alpen zurückgekehrt auf die Mittelgebirgstrails in Deutschland. Statt 100 km freue ich mich, "nur 64 km" in Angriff nehmen zu müssen. Doch ich freue mich, überhaupt endlich wieder bei einem Rennen an der Startlinie stehen zu können. Und ich freue mich doppelt, bin ich doch zum Jahreswechsel über einen Teil der Strecke gewandert und konnte so schon ein wenig an den feinen Trails des Maintals schnuppern.

Schade, dass das Wetter nicht mitspielt. Ich mag die heißen Mittelgebirgsrennen, doch seit ein paar Tagen ist es kühl und regnerisch, die Prognosen verheißen nichts Gutes. Sind aber zum Glück dann doch nicht so schlecht, wie zeitweise zu befürchten war.

Bei der Abholung der Startunterlagen gibts dann ein paar kleine Irritationen. Neben dem Chip an der Startnummer gibts noch ein kleines Band (mit Chip) zur Befestigung am Rucksack. Ich habe mir allerdings vorgenommen, auf einen Rucksack zu verzichten. Wo dann also den kleinen Chip befestigen? Und gehört der Rucksack nicht zur Pflichtausrüstung? Gehört er nicht, das Bändchen landet also am Handgelenk...


Die Strecke ist schnell beschrieben und eingeprägt. Vom Startort in Veitshöchheim laufen wir am Main abwärts fast bis Karlstadt, allerdings nicht am Ufer entlang, sondern auf den Höhen, entweder durch die Weinberge oder auf feinen Trails durch den Wald oder über die Felder. Nach der Wende geht es mehr oder weniger parallel zurück, nur dass der Parcour weiter "landeinwärts" verläuft.

So wäre der Kurs höchstens als wellig zu bezeichnen, würden uns nicht einige Quertäler zum Downhill hinunter auf Mainhöhe jagen, um dann unvermittelt wieder steil bergan zurück auf die Höhe zu zwingen. Der Etzburg-Trail zum Beispiel, ist berüchtigt unter den Mountainbikern der Region und bringt dich auf kürzestem Weg bei durchschnittlich 15 % Gefälle hinunter nach Thüngersheim.

Anfangs ist das Auf und Ab kein Problem, doch später auf der 2. Streckenhälfte spürt man das Profil deutlich. Gefahr, selbst am letzten Hügel noch sprichwörtlich "den Stecker gezogen" zu bekommen.

Trotzdem habe ich mir heute vorgenommen, offensiv anzugehen und zu sehen, wie weit ich mit dieser Strategie komme. Im Vollbesitz meiner Ausdauer fühle ich mich noch nicht, ich bin also gespannt.


Back on Trail
Der ITRA sei dank gibt es eine nicht zu verachtende Pflichtausrüstung, die vor dem Start sorgfältig gecheckt wird. Im Startkorridor stehe ich dann ein wenig fröstelnd und beobachte, wie sich auch kurz vor dem Start kaum einer der Startlinie nähern mag. Offenbar will noch niemand die Karten auf den Tisch legen. Erst beim Countdown füllt sich die erste Reihe und Sekunden nach dem Startschuss wird schon nach wenigen Metern klar, wer heute Siegambitionen haben wird. Bevor wir auf den unüberschaubaren Trails verschwinden, führt ein Pärchen, gefolgt von drei Läufern und der späteren Siegerin der Frauenkonkurrenz. Ich selbst halte mich erstmal am Ende der Top10-Platzierungen und suche mein Tempo.

Das ist zum Glück schnell gefunden... ich bin "back on Trail"!

Allerdings ist mein Tempo etwas zu hoch, das ist mir schnell klar. Ich entscheide aber, dieses zunächst zu halten und freue mich über die fluffigen Trails, die mich abwechslungsreich und kurzweilig Richtung Norden führen. Ich erkenne Passagen meiner Silvester-Wanderung wieder, freue mich auf die Ausblicke zwischen den Bäumen hindurch hinunter zum Main und rieche - weit weniger begeistert - die Spritzmittel der Weinbauern an den Hängen.

Überhaupt atme ich heute schwer. Die Luft ist gesättigt und lässt sich nur schwer in den Lungen verarbeiten.
Gemeinsam mit Ludwig und Andreas spule ich die erste Hälfte des Rennens ab. Ludwig berichtet von seinen Erlebnissen beim Spartathlon und Andreas ist immer irgendwie in der Nähe. So vergeht die Zeit wie im Flug und erst nach der Hälfte der Distanz am Wendepunkt sprengt es unsere kleine Gruppe und jeder läuft nur noch für sich selbst. Für mich wird es damit zäh, ich spüre zunehmend meine noch bestehenden Defizite und verliere die Leichtigkeit, mit der ich anfangs noch unterwegs war. Auch das Wetter schlägt um. Zum Glück erwischt mich der kurze, doch heftige Regenschauer direkt am letzten Verpflegungspunkt. Ich drinke einen Schluck mehr und ziehe wieder von dannen, als es schon fast wieder aufgehört hat zu regnen. Glück gehabt.

Allerdings sind auch wieder ein paar Verfolger näher gekommen. Ich habe keine Lust, auf den letzten Kilometern noch Plätze zu verlieren und gebe wieder etwas mehr Gas. Beruhigend ist, dass mir das zu so eine späten Zeitpunkt überhaupt noch gelingt. Vielleicht liegen meine Barrieren heute doch mehr im Kopf als in den Beinen. Und so bin ich froh, als ich auf das Gelände des SV Veitshöchheim abbiegen darf und die letzten Meter vor mir liegen. Die Zielinie kommt nächer, ist erreicht und überschritten.

Noch im Zielkorridor lasse ich mich fallen, verbringe die nächsten Minuten im Gras liegend mit Blick auf die Finish-Line. Es tut gut, zurück zu blicken, nicht nur auf die letzten Meter und Sekunden des heutigen Rennens, sondern auf eine Zeit heftiger Tiefpunkte. Es tut gut, wieder zurück zu sein, letztendlich waren die 64 km entlang des Maintals ein Genuss vom 1. bis zum letzten Meter.
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