Hohenzollernlauf - laufkultur.de

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Hohenzollernlauf!
Endlich wieder Ultra
Wir könnten doch mal gemeinsam zu Eurer Burg da laufen, meinte vergangenes Jahr ein Lauffreund aus der alten Heimat zu mir. Ist nicht Dein ernst, wegen der 15 Minuten hoch zur Grabkapelle extra nach Stuttgart zu kommen, entgegnete ich. Es dauerte ein wenig, bis wir feststellten, dass er Burg Hohenzollern meinte und ich ihm klargemacht hatte, dass er dafür gut 80 km würde laufen müssen. So blieb die Idee eine Idee und geriet erstmal in Vergessenheit.

Doch jetzt... aus bekannten Gründen:
  • Der NASWUT verschoben...
  • Der Vulkantrail verschoben...

Gefühlt weiß ich schon gar nicht mehr, wie Ultratrail funktioniert. Ich bin zwar in den vergangenen Wochen viel gelaufen, auch mal etwas längere Distanzen bis 30 km, aber weder die Marathondistanz, geschweige denn Ultra. Es juckt in den Beinen. Mir fehlte das richtige Ziel, zumindest bis ich mich an meine Unterhaltung aus dem vergangenen Jahr erinnerte.

Da das Wetter es mit uns Läufern in diesem Jahr wirklich gut meint, brauche ich nur noch einen freien Tag. Die Strecke ist ziemlich schnell gebastelt. Statt kurviger Trails bevorzuge ich diesmal eher die geradlinigen Wege, die mich auf nicht all zu vielen Umwegen bis nach Hechingen bringen. Vorbei am Flughafen, der ein echtes Hindernis darstellt, steuere ich weiter südlich erst Waldenbuch, dann Tübingen an. Dort kann ich Verpflegung auffüllen und beide Orte liegen gut in der Richtung. Ich suche mir noch mögliche Rückfahrverbindungen aus dem Internet und packe dann meinen Rucksack: Kein überflüssiger Schnickschnack, ein bisschen Essen, ausreichend zu Trinken.

Kurz nach 6 Uhr soll es losgehen, gegen 18 Uhr will ich spätestens zurück am Bahnhof in Hechingen sein, 12 Stunden für die knapp 90 km sollten genügen. Klar ist der Schlussanstieg hoch zur Burg am Ende knackig und auch sonst sind ein paar Höhenmeter drin, aber rund 1700 hm auf der gesamten Distanz sollten mich nicht zu sehr ausbremsen.
Pünktlich am nächsten Morgen stehe ich vor der Tür. Noch ist es kühl im Neckartal, doch kaum gewinne ich Höhe, lassen sich die ersten Sonnenstrahlen sehen und die Temperaturen steigen, langsam zwar, doch spürbar. Und ich bin ein wenig nervös. Es ist lange her - fast 2 Jahre nun schon - dass ich solch eine lange Distanz gelaufen bin. Und heute bin ich allein auf meine ureigene mentale Stärke angewiesen, keine Platzierung und keine Zielfahne motivieren mich heute extrinsisch.

Tine meinte am Vorabend noch, ich solle doch die Tour in die andere Richtung machen, dann hätte ich wenigstens das Erreichen der eigenen 4 Wände als Motivation, könnte den schwerer werdenden Beinen entgegenhalten, dass der Weg nach Hause doch nicht mehr weit und zudem bekannt sei, aber für mich kommt das nicht in Frage. Die imposante Burg Hohenzollern eignet sich hervorragend als Zielpunkt. Spätestens, wenn ich sie das erste Mal aus der Ferne erblicke, wird es für mich kein Aufgeben mehr geben.

Und zumindest auf der ersten Hälfte habe ich mit Waldenbuch und Tübingen gute Etappenziele. Allerdings wird es danach dann doch etwas dünn mit Stationen, die zweite Hälfte könnte sich also etwas zäh gestalten.
Meine Streckenwahl erweist sich als angenehm. Forstwege wechseln mit sanften Trails, die Gegend ist mir bald unbekannt und damit interessant. Ich passiere die Hochschule Hohenheim, umgehe den Flughafen westlich über Leinfelden und steuere dann auf Waldenbuch zu, wo ich direkt am Werk von Ritter Sport vorbeilaufe. Das Museum hat noch geschlossen, doch im Cafe rüsten sie sich bereits für den ersten Tag der Öffnung. Für einen Kaffee ist es noch ein wenig früh und ich laufe weiter. Zwischen Weil im Schönbuch und Bebenhausen kreuze ich den Schönbuch auf fast schnurgerader Strecke, am Rotwildgehege entlang ziemlich genau nach Süden.

Bis Tübingen wird es dann ein klein wenig hügelig, aber dort habe ich auch schon etwas mehr als die Hälfte der Distanz zurückgelegt. Zeit für eine gemütliche Kaffeepause bei einem Eis und einer Tasse Cappuccino.

Nach einer entspannten und sonnigen Pause gehts weiter, zunächst am Neckar entlang Richtung Rottenburg und muss danach den Rammert überwinden, einen knapp 600 m hohen Höhenzug südlich des Schönbuchs. Hier wird es dann schon anspruchsvoll. Mein Tempo lässt zwangsläufig nach, trotzdem bleibe ich weitestgehend im Laufschritt, auch wenn die Schritte etwas kürzer werden. In Bodelshausen angekommen wird die Tour dann allerdings wieder fassbar. Es sind nur noch wenige Kilometer bis Hechingen, das ich durchquere und von dort ist die Burg Hohenzollern bereits greifbar nah. Die gut ausgebaute B27 hindert ein wenig, doch irgendwann stehe ich vor dem steilen Anstieg zur Burg und genieße die grandiose Lage der mächtigen Burganlage.

Vorbei an Parkplätzen, die eine Ahnung aufkommen lassen, welch Trubel an Wochenenden hier herrschen muss, kraxle ich höher und höher, bis ich vor einem Gerüst und rot-weißen Absperrbändern stehe. Die Burg ist derzeit wegen Corona und Restaurierungsarbeiten geschlossen, der Weg - zumindest bis zum Eingangstor - bleibt mir versperrt. Nur wenige Meter vor dem Ziel muss ich umdrehen, will ich mich nicht unsinnig durch die Baustelle wurschteln. Ich drehe um.

Ein letzter Blick zurück, ein schneller Downhill und die Burg liegt schon wieder hinter und Hechingen vor mir. Ich gebe ein wenig Gas und bin schnell wieder in der Stadt und dort auch flugs am Bahnhof, wo meine Tour endet und mich die Hohenzollerische Landesbahn zunächst nach Tübingen und von dort zurück nach Stuttgart bringt.

Knapp 10 und eine halbe Stunde habe ich brutto, also inkl. aller Pausen gebraucht, das geht in Ordnung. Rund 87 km habe ich zurückgelegt. Nimmt man eine traillastigere Strecke in Kauf, lässt sie sich vermutlich problemlos auf eine Distanz von 100 km ausdehnen. Dann sollte man allerdings schon ganz früh am Morgen starten, um auch sicher zu sein, dass der Rückweg per Zug zu später Stunde auch noch möglich ist. Das habe ich mir erspart, es sollte eine nette Tagestour werden, mehr nicht.

Und jetzt habe ich auch wieder eine Ahnung davon, wie sich "Ultra" anfühlt!
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