Dirndltal Extrem Ultramarathon 2012
Andere Wege gehen
zurück zum Start
Allein
Pfifferlinge, dazu Gnocchis. Das ist meine
private Nudelparty.
Gesucht: Die Alternative
zum abgebrochenen Irontrail
Nur gut 50 gelaufene Kilometer von
201 geplanten beim Swiss Irontrail lassen mir genug Kraft und Freude, im
Juli noch ein zweites Rennen in Angriff zu nehmen. Mein Blick in die
üblichen Laufkalender bringt Folgendes zu Tage:
Swiss Alpine Marathon - 78 km:
Doch da war ich die ganzen letzten Jahre schon. Ich habe
Lust auf Neues!
Zirndorf -
Halbmarathon: Sogar direkt in meiner Nähe. 21 stressige
Kilometer gemeinsam mit vielleicht Tausenden von anderen
Läufern? Keine Lust! Dabei solls toll gewesen sein, schreibt
zumindest Erwin hinterher.
Chiemgauer 100er: Das wärs,
da war ich 2007 schon. Ist aber schon aus- nein - überbucht!
Schade!
Dirndltal -
Extrem-Ultramarathon: Dirndl??? Klingt reizvoll; Extrem und
Ultra?? Ich bin gefangen; Anmeldefrist: Abgelaufen? Ich bin
frustriert! |
Doch nicht hoffnungslos. Und
tatsächlich bekomme ich noch einen Startplatz, vermutlich nur deshalb, weil
ich inständig verspreche, auch wohlwollend zu berichten. (Dabei hätte es des
Wohlwollens gar nicht bedurft; ich bin auch ohne Wohlwollen im nachhinein
restlos begeistert.)
Und so plane ich via Internet meine Reise ins Niederösterreichische, in eine
Region, von der ich bisher ehrlich gestanden keine Ahnung habe. Bald lerne
ich zu unterscheiden zwischen Weinviertel, Mostviertel, Waldviertel und
Industrieviertel. Für Letzteres sucht man wohl einen neuen, zugkräftigen
Namen, denn wie lässt sich ein "Industrievertel" touristisch vermarkten?
Dirndl, was ist das?
Und ich muss lernen, dass sich der Name Dirndltal weder auf die jungen und
hübschen Mädchen der Region, noch auf deren reizende Bekleidung bezieht. Der
Begriff Dirndl stammt von der
Kornelkirsche,
in Österreich eben "Dirndl" genannt. Es wird also nichts mit "feschen
Madeln", eher schon mit einem "Edelobstbrand", doch der reizt mich als
Läufer ja schon mal überhaupt nicht.
Briefing
Aufmerksame Zuhörer
Eine Streckenänderung aufgrund nicht erteilter Durchlaufgenehmigungen
verlängern den Lauf um 11 km.
Doch
weg vom Alkohol, zurück zum Rennen:
111 km stehen in der Ausschreibung, dazu rund 5000 Höhenmeter. "Positiv und
negativ zusammengerechnet" denke ich zunächst beim oberflächlichen
Streckenstudium. Doch ein genauer Blick aufs Profil belehrt mich eines
Besseren. Es sind 5000 Meter nur bergauf. Ich bin verwirrt und beginne zu
vergleichen, mit dem Chiemgauer Ultra zum Beispiel, der bei 100 km auch
einige Höhenmeter weniger ins Profil markiert. Und für den habe ich vor ein
paar Jahren gut 15 Stunden gebraucht. Also rechne ich für mich zwischen 16
und 17 Stunden. Das passt auch gut zur geschätzten Siegerzeit von ca. 14
Stunden. 28 Stunden stehen max. zur Verfügung.
Das Ziel des Dirndltal-Extremultras... 111 km und 5000 hm entfernt.
Gnocchis und dazu Pfifferlinge, sollen die Grundlage für ein erfolgreiches
Rennen liefern.
Und trotzdem bin ich
verunsichert, da ich Anstiege mit rund 500 Höhenmetern nur schlecht
einschätzen kann. Mit Hügeln wie beim
Rennsteig-Supermarathon komme ich gut
zurecht, da lässt sich drüber flitzen. Und Bergläufe mit 1000 oder mehr
Höhenmetern am Stück kenn ich zu Genüge. Irgendwann steht da bei mir eben
"Wandern" auf dem Programm. Doch wie macht man das bei mittelhohen Bergen?
Ich habe keine Ahnung.
Freitag Abend gehts zum kurzen Pflichtbriefing. Gerhard, selbst erfahrener
Ultraläufer, verspricht uns eine Streckenmarkierung, die keine Wünsche offen
lässt: Beschilderung, dazu weißes Absperrband (um den Baum gewickelt oder
von Ästen hängend), auf Asphalt grüne Pfeile und in der Nacht rund 1000
Knicklichter. Dazu die offizielle Wegbeschilderung, da wir uns überwiegend
auf der Route 652 bewegen werden, die sowohl ausgeschildert, als auch
markiert ist.
weiße Trassierbänder, Schilder und...
letztendlich die Markierung "652" weisen den rechten Weg.
Ich bin gespannt und
beruhigt, zudem habe ich meine Uhr mit rund 100 Wegpunkten gerüstet, es
sollte also nichts mehr schief gehen können.
Meine persönliche Pastaparty mit Pfifferlingen, Frühstücksvorbereitungen und
Packen des Laufrucksacks (Pflicht: 1 Liter Wasser, Rettungsdecke, Licht;
empfohlen: Verpflegung, Handy, Stöcke, Notfall-Kleidung) und der Dropbags
beschließen den Abend.
Seit meinen leidvollen
Erfahrungen beim
Swiss Alpine und
Mountainman) vertraue ich auf meine Ernährungsumstellung. Morgens
viel Obst, weniger Kohlehydrate und in die beiden Dropbags kommt Tee für die
Drinkblase, dazu Schoki und Waffeln. So hoffe ich, ohne Iso auszukommen. Auf
Gels verzichte ich ja schon lange, will mich - von der Cola mal abgesehen -
möglichst natürlich verpflegen.
Auf der Fahrt zum Start; in der Ferne die im Morgendunst liegenden Türnitzer
Alpen.
Bei der Fahrt zum
Start sehe ich im morgendlichen Dunst die Berge der Türnitzer Alpen. Es wird
heiß werden heute und schwül. Denn heftige Regenfälle in den vergangenen
Tagen werden heute für eine hohe Luftfeuchtigkeit sorgen. Bei mehr als 30
Grad ist also tagsüber mit einem regelrechten "Dampfbad" zu rechnen.
Am Start in Ober-Grafendorf ist die Lage eine halbe Stunde vor 6 Uhr noch
ruhig und auffallend entspannt. Allerdings haben sich neben 20 Staffeln auch
nur 42 Einzelläufer (40 werden auch an den Start gehen) angemeldet. Ein paar
Gespräche, ein Toilettengang, zwei-drei Photos und schon geht es los. Zwei
schnelle Staffelläufer stürmen vorne weg (das schnellste Team wird für die
111 km nur rund 9 1/2 Stunden benötigen), dann im Pulk der restlichen
Staffeln der Favorit und spätere Sieger Hermann Prokesch (12:27 Std.), wir
dahinter im respektvollen Abstand.
Entspannte Startatmosphäre unter den rund 60 Startern; Mirko lässt die
Muskeln spielen.
Letzte Photos vor dem Start.
Reporterkollege Joe zusammen mit Sven.
Die späteren Sieger beisammen: Sonja und Heinrich.
Sonja zeigte mir lange Zeit nur von Hinten. Erst am letzten Berg gelang es
mir, sie zu überholen.
Schnell finde ich
meinen Platz im ersten Verfolgerfeld. Zu Viert gehen wir die ersten
Kilometer an, viel zu flott, wie ich schnell merke, doch ich habe mir heute
Einiges vorgenommen, möchte nicht schon zu Beginn wertvollen Boden
verlieren. Nette Gespräche mit meinen Laufpartnern und deren interessanten
Laufberichte vertreiben mir die Zeit, wobei ich immer wieder interessiert
meine Laufhose inspiziere. Denn schnell ist diese feuchtigkeitsgetränkt und
der Schweiß kriecht unaufhaltsam schon nach kurzer Zeit bis zu den Säumen.
Auch mein Laufshirt ist schnell tropfnass und meine Arme überzieht bald der
schmierige Film einer Mischung aus Schweiß und Sonnencreme.
Während die Staffeln schnell enteilen, finde ich Unterhaltung mit gleich
gesinnten Ultraläufern Klaus und Christoph.
Schnell zieht sich das kleine Feld auseinander.
Nur vereinzelt überholen Staffelläufer oder werden von uns überlaufen, wenn
sie sich auf den ersten Kilometern bereits verausgabt haben.
Landschaftsinmpressionen
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