Brocken Challenge 2012
Brocken
Zwischen den Geleisen
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„Von der Gewalt, die alle Wesen
bindet, befreit der Mensch sich, der sich überwindet."
Johan Wolfgang von Goethe
Im Ziel!
Offensichtlich ist es mir heute
gelungen, mich zu überwinden. Wobei "überwinden" wohl der falsche Begriff
ist. Ich habe mich eingelassen, auf die Kälte, die Anstrengung, mögliche
Schwächephasen und die Herausforderung.
Tobende Kinder im Tiefschnee
Letzter Abzweig "Brockengipfel"
Jetzt gibt es nur noch eine Richtung... hoch zum Gipfel!
Mein strahlendes Gesicht muss
einigen Wintersportlern ein Schlag ins Gesicht sein. Doch die meisten grüßen
erfreut zurück. Viele fragen, was wir hier machen würden, Photoapparate
klicken. Doch dass ich jetzt noch Lachen kann, verstehen wohl die meisten
nicht.
Mit lockerem Schritt nehme ich die Rampen, gönne mir irgendwo noch einen
letzten Schluck aus der Flasche.
Die Langläufer vor mir schnappe ich mir noch an der Rampe.
Endlich ist der Blick frei über die Wälder.
Jetzt links abbiegen und über eine
Rampe hoch zu den Geleisen. Als ich die sehe, wird mein Grinsen noch einmal
ein ganzes Stück breiter. Ich erinnere mich an mein Erlebnis 2010, als ich
mich im "Tigersprung" vor der herannahenden Brockenbahn in Sicherheit
bringen musste. (Bilder
hier)
Doch heute bleibe ich brav auf dem
Weg. Ironie des Schicksals. Heute begegnet mir auf der gesamten Strecke
keine einzige Lok.
Hoch zu den Geleisen.
Ich genieße den Schnee, die Aussicht, den
Lauf, einfach alles.
Skifahrer kommen mir entgegen.
Der Schnee ist griffig. Im
Laufschritt spure ich nach oben. Heute wäre der Sprung weg von den Geleisen
kein Problem, denke ich. Doch vor zwei Jahren lag hier deutlich mehr Schnee.
Während die Bahn einen weiten Schwung hoch
zum Gipfel braucht, nehme ich die steile Rampe direkt ins Ziel.
Es wird noch einmal richtig steil.
Ich bin begeistert von den bizarren Formen.
Der Gipfel ist in Sicht.
Ein paar Jungs, die ich überhole,
machen sich einen Spaß daraus, hinter mir herzustapfen. Da ich im
Laufschritt nicht mehr wirklich schneller bin, gehe ich die letzten Meter
und sie können gut mithalten. Ich höre ihr ständiges Gekicher. Gerne doch...
Der Bahnhof (An den kann ich mich vom
letzten Mal gar nicht mehr erinnern)
„Nun rückten wir mit jedem
Schritt, den wir in südlicher Richtung machten, dem Ziel näher. (..) Keiner
von uns wollte zugeben, dass wir nervös seien. Aber ich glaub doch, dass
jeder in seinem Inneren ein ganz klein wenig aufgeregt war."
Roald
Amundsen - 15.12.1911 (beim Erreichen des Südpols)
Das Ziel vor Augen
Geschafft!
Ich bin oben! Gratulationen, Fragen, Stimmen um mich
herum. Ich nehme das gar nicht wirklich wahr. Kein triumphaler Schrei, keine
große Geste, nichts... einfach nur ankommen. Kein Ahnung, ob mich jemand
verstehen kann. Ich spüre weder Genugtuung noch Heldentum, nur eine ... wenn
ich das in Worte fassen könnte!
Vielleicht ist "Innere Ruhe" oder "Ausgeglichenheit" das
richtige Wort, ich weiß es nicht.
Die Kälte reißt mich aus den Gedanken. Schnell ins
Warme, bevor ich mich erkälte.
Das Observatorium
Ich habs geschafft.
Schade, dass die Kälte mir nicht mehr Zeit lässt, den Augenblick fest zu
halten. So verschwinde ich im Goethesaal, der für uns reserviert ist.
Die Wendeltreppe hoch in den Goethesaal.
Hitzeschock (für die Kamera)
Ich finde Stefan,
meinen "Zimmergenossen" von heute Nacht. Auch er ist seit ein paar Minuten
hier oben. Dann fange ich an, gegen das "große Zittern" anzuessen. Erst nach
der heißen Dusche ist mir wirklich warm und ich kann entspannen.
Während die einen in Schocklage verharren, genießt Iris schon ihr erstes
Bierchen.
Während Heldentaten
über den Tisch posaunt und Horrorstorys hinter vor gehaltener Hand
verbreitet werden, geht über dem Harz die Sonne unter. Soll ich mich kurz
hinaus wagen und die herrlichen Lichtverhältnisse nutzen? Nein!Ich habe
gerade genug von der Kälte, bereits mich lieber schon einmal gedanklich auf
den Abstieg vor.
Sonnenuntergang!
Doch kein Licht der Welt lockt mich jetzt hinaus in die Kälte.
Rückzug
Iris, Simon, Holger, Stefan und ich machen uns auf den
Weg vom Gipfel nach Schierke, gerade als die Sonne hinter dem Horizont
verschwindet. Gut tut der Abstieg der gestressten Muskulatur. Vielleicht ist
es sogar die perfekte Regenerationseinheit nach dem anstrengenden Lauf.
Abstieg!
Auf alle Fälle ist er gut fürs Gemüt. Die Ruhe kehrt in
mich zurück, die Aufregung legt sich. Ich genieße den Weg und die
Schneeskulpturen im Schein der Stirnlampen.
Eine gute Stunde dauert der Weg ins Tal, wenn man Glück
hat und die beiden Abkürzungen erwischt. Ansonsten dauert es eben ein wenig
länger. Doch es ist genug Zeit. bis uns der Bus zurück nach Göttingen
bringt.
Schlusswort
Vielleicht fühlt sich die Brocken-Challenge in meinem
Bericht mehr nach Spaziergang, denn nach einer Herausforderung an. Das
anzunehmen wäre fatal. Wer hier bestehen will, muss gut vorbereitet sein,
sei es körperlich und mental, als auch bei der Wahl der Ausrüstung. Nur so
kann man den Lauf auch genießen, was mir auch gelungen ist.
Doch ganz schnell riskiert ein leichtsinniger Läufer
seine Gesundheit. Das wird Jeder bestätigen können, der dieses Jahr mit
dabei war und gespürt hat, wie schnell die Kälte beim Stopp in die Glieder
fährt. Mit einem Unfall im abgelegenen Gelände ist bei Temperaturen weit
unter 0 Grad nicht zu spaßen.
Wer aber seine Hausaufgaben gemacht hat, findet bei der
Brocken-Challenge eine vom Briefing bis zur Abreise wunderschöne und
menschliche Veranstaltung.
Dafür danke ich den Mädels und Jungs des ASFM!
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