"Die Kunst des Ausruhens ist ein Teil der Kunst
des Arbeitens."
John Steinbeck
Der Lauf in den Morgen
Vom ersten Versorgungspunkt am Col
du Veillos bis zum zweiten in Boréon sind erneut ca. 16 km zurückzulegen.
Dazwischen liegen mit dem Col du Barn und dem Col du Salèse zwei Gipfel, die
zu überwinden sind. Zudem ist bald mit den ersten Schneefeldern zu rechnen.
Ich bin gespannt, wie diese zu überwinden sein werden. Doch erst einmal
finde ich Gelegenheit, die herrliche Bergwelt der Seealpen (Alpes Maritimes)
zu genießen. Zudem lenken wunderschön rot blühende Blumenanhäufungen links
und rechts des Weges meine Blicke auf sich.
Immer wieder schweift mein Blick in
die Ferne. Zu keiner Sekunde vermisse ich die Sambatrommeln und die
Anfeuerungen eines Stadtmarathons. Das Bergpanorama entschädigt für jegliche
Mühen.
Allerdings wird mit jedem Meter
Höhengewinn der Weg schwieriger. Erste kleine Schneefelder sind noch
problemlos zu überwinden. Allerdings muss ich meine Schrittlänge auf die
eingetretenen Spuren anpassen, das ist etwas mühsam, lässt sich jedoch nicht
ändern.
Die ersten Schneefelder lassen sich noch
mühelos überwinden
Die letzten Meter hoch zum Col du
Barn sind dann noch einmal richtig steil und mühsam. Es wird zunehmend
steinig.
Aufstieg zum Col du Barn
Bei diesem Blick und Wetter ist der Trail der Gipfel der Genüsse
Geschafft. Ich stehe auf dem 2452 m
hohen Col du Barn. Mein Durchlauf wird registriert. So lässt sich
sicherstellen, dass niemand verloren geht. Ich bewundere die Streckenposten,
die meist an den zwar aussichtsreichen Gipfeln oder Pässen stehen, doch da
ist es meist auch zugig und kalt, vor allem jetzt am frühen Morgen. Und je
weiter hinten im Streckenverlauf die Kontrollstellen sind, desto weiter hat
sich das Feld auseinander gezogen und um so länger muss der Posten gehalten
werden.
Jeder Durchlaufende wird registriert
Wenige Schritte weiter öffnet sich
mir dann der Blick auf den kommenden Streckenabschnitt. Ausgedehnte
Schneefelder breiten sich vor mir aus. Jetzt wird es lustig.
Hinter dem Col du Barn erwarten uns
ausgedehnte Schneefelder.
Hier erwartet uns einer der interessantesten Streckenabschnitte
Ein letzter Blick zurück!
Vorsichtig gehe ich die ersten
Schneefelder an. Der Faszination dieser Landschaft kann ich mich jedoch
nicht entziehen. Die Sonne, die kargen und welligen Hänge mit den
Schneefeldern in den Niederungen begeistern mich. Und mit jedem Schritt im
nassen und schweren Schnee werde ich mutiger und lasse mich auf die eine
oder andere Rutschpartie ein.
Blütenpracht über Schneefeldern
Ein doch recht steiler Abhang
stellt uns vor nicht unerhebliche Schwierigkeiten. Der Schnee ist so
aufgeweicht, dass wir keinen Halt finden. Ich entscheide mich für die
"Telemarktechnik in Trailschuhen", im Ausfallschritt leicht in die Knie
gehen, mit den Stöcken nach hinten steuern, so kommt man die Hänge gut
talwärts.
Zuerst vorsichtig, doch dann immer
mutiger...
rutschen wir den Hang hinunter.
Jeder sucht sich seinen eigenen Weg.
Immer schneller überquere ich
Schneefeld für Schneefeld, auch ans Laufen auf Schnee gewöhnt man sich.
Langsam werden die Schneefelder weniger, verschwinden. Die nun folgenden
Kilometer bis Boréon sind die am angenehmsten zu laufenden. Im eher sanften
Gefälle auf einem anspruchsvoll, aber gut zu laufenden Singletrail verlieren
wir stetig an Höhe, ein Genuss.
Die letzten Schneefelder sind erreicht. Der
Untergrund wechselt in einen Singeltrail über
Die Vegetation wird auch zusehends
üppiger. So wird Laufen zum Genuss mit allen Sinnen. Gucken - Laufen -
Riechen und dabei auch noch auf den Weg achten... gar nicht so einfach!
in den Tallagen blüht und grünt es
Die letzten Meter bis Boréon
verlaufen auf der Straße, die einzigen wenigen Meter auf der kompletten
Strecke. Ich nutze die Gelegenheit für ein Gespräch mit einem Läufer aus
Strasbourg, der glücklicherweise deutsch spricht.
die einzige kurze Asphaltstrecke auf dem Weg
nach Boréon
Zeit für ausgiebige Verpflegungsaufnahme muss sein. Eine Zuschauerin macht
ein Photo von mir beim Kauen.
Trails in Frankreich bieten alles was das
Herz begehrt!
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