Hartfüssler - laufkultur.de

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Glück auf! Hartfüssler-Trail 2016

Die Idee!
Als meine Tochter ihren Lebensmittelpunkt nach Saarbrücken verlegte, war mir sofort klar, dass ich einen Besuch bei ihr irgendwann auch mit einem Rennen verbinden wollte. So fand ich den Hartfüssler-Trail und gedacht-gemacht, ich war für dieses Jahr angemeldet. Die Zeit bis Ende August vertrödelte ich allerdings ein wenig, hatte seit Anfang Juni kein Rennen mehr gemacht und auch ziemlich wenig trainiert. Und ein paar meiner Vorhaben fielen schlcihtweg ins Wasser. Trotzdem freute ich mich auf den Hartfüssler, denn er sollte der Einstieg in die letzte Vorbereitung für den Schönbuch-Ultra werden, einem Rennen über 100 Meilen im Oktober diesen Jahres. Logisch, dass ich auch die Ergebnislisten studierte. Ich war ein wenig irritiert, alle Zeiten erschienen mir verhältnismäßig langsam zu sein. Deshalb vermutete ich eine schwierige Strecke, irgendeinen Grund musste es geben, dass sich die 58 km kaum unter 5 Std. schaffen liesen, von den Topleuten mal abgesehen.

Allesinallem glaubte ich aber schon, im vorderen Mittelfeld ankommen zu können. Dafür müsste es reichen. Wenn nicht, auch gut, dann wars eben "kein guter Trainingslauf"!
Rennentscheidend: Das Wetter?
Wenige Tage vor dem Start erobert endlich der Sommer deutsche Gefilde. Die Temperaturen steigen über die 30°Grad-Marke und auch nachts kühlt es nicht mehr ab. Während meine Umwelt, vor allem in den sozialen Medien jamert, freue ich mich. Freude ist für ein gutes Rennen unerlässlich. Und ich habe gute Erfahrungen mit Hitzerennen, z.B. 2012 im Dirndl-Tal. Tine, mein Schatz hingegen leidet, Ihr Blutdruck verhält sich umgekehrt proportional zu den Temperaturen, ihr Kreislauf setzt sie schachmatt. Ich hingegen finde es cool, mit Minimalausrüstung zum Rennen fahren zu können und mal nicht alle Eventualitäten im Gepäck zu schleppen. Positiv denken... selbst wenn Saarbrücken genau an diesem Wochenende mit knapp 38°Celsius den dt. Temperaturrekord für 2016 markiert.

Den Vorabend verbringen wir so bis spät in die Nacht auch gemütlich auf der Dachterrasse eines leckeren Italieners, alkoholfrei ausnahmsweise, was heute echt schwer fällt. Dafür ist der Start erst um 9 Uhr für mich, keine Not also, frühzeitig ins Bett zu gehen.
Wenn der Plan zerplatzt wie eine Seifenblase...
Bei der Streckenbeschreibung kann ich mich heute auf das Wesentlichste beschränken, die Veranstalter-Homepage darüber zu toppen wird eh schwierig. Also konzentriere ich mich aufs Rennen, was heute doch so seine Überraschungen für mich parat hat.

Das Briefing, nach meinem Geschmack ein wenig zu lange, geht praktisch nahtlos in den Start über. Ein paar schnelle Fotos und es geht los. Dass Saarlands Ministerpräsidentin den Startschuss gibt, entgeht mir völlig. Ich halte mich erst kurz an Pamela, doch die scheint mir schon im Tunnel zu sein und reagiert eher wortkarg. Also wende ich meinen Blick nach Vorne und zähle. Ich muss ungefähr an 10. Stelle liegen, zu weit vorne eigentlich, doch das Tempo ist von Beginn an moderat, also bleibe ich erst mal da, wo ich bin. Nur der spätere Sieger Vlad Ixel entschwindet schnell meinen Blicken, der ist eine Nummer zu groß, keine Frage. Ohne wirklich zu investieren, hole ich allerdings rasch ein paar Läufer ein, ehe mich ein tiefhängender Ast fast aus den Schlappen reist. Zum Glück hole ich mir nur einen blutigen Nasenrücken, verhindert die Laufbrille Schlimmeres. Keine Warnung von Vorne, solche Laufkameraden lasse ich gerne hinter mir, nutze die nächstbeste Verbreiterung, um vorbei zu huschen. Doch ich bin verwirrt, es läuft nicht so wie geplant. Bin ich zu forsch oder zu bläuäugig angegangen, frage ich mich, horche in mich hinein. Keine halbe Stunde vergangen und die Idee vom "gemütlichen Lauf" ist für die Katz. Schon auf Rang Drei vorgerückt, gebietet es die Ehre, den Rang zu halten. Also auf die Tube drücken, sich absetzen und den einsamen Wolf geben, nur kurz unterbrochen vom Überholmanöver des bis dahin Zweiten. Warum bin ich mir eigentlich sicher, dass ich das so durchstehe?
"Bretteleben" mit Hindernissen
Eigentlich ist der HFT ohne nennenswerte Steigungen. Vom Startpunkt aus geht es hundert Meter höher und hundert Meter tiefer, es sind also keine nennenswerten Höhenunterschiede zu bewältigen. Doch letztendlich bin ich die Hälfte meines Rennens an Aufstiegen, etwas weniger mit Downhills und nur rund 30 Minuten in der Ebene unterwegs. Das stete Auf und Ab kostet Kraft und Tempo, vor allem die richtig schönen Trails, mit den quer liegenden Bäumen und Gräben. Drüberkrabbeln, untendurchkriechen, drüberspringen, links-rechts, ständige Richtungswechsel, hier im Wald verliert der Ortsunkundige schnell die Orientierung, also konzentriert dem Track und der Markierung folgen.

Und dann sind da noch die Halden, kohlrabenschwarz, staubig und unglaublich heiß.  Die Viktoria ist ja noch ein Kinderspiel, kurz nach dem Start mal schnell hochgejoggt, eine Runde ums Kreuz gedreht und in den Downhill gestürzt.

Auf den/die Fuji führen dermaßen ausgewaschene Stufen, dass es sicher ohne deren Vorhandensein leichter hinauf und hinunter ginge. Doch das ist einzigartig, macht das Besondere am Trailrunning aus, deshalb sind wir hier, flache Straßenschluchten entlangrennen kann ich woanders.

Aber die Halden haben auch den Vorteil, dass ich durch den gleichen Rück- wie Hinweg immer wieder unter Kontrolle habe, ob Verfolger zu fürchten sind. Somit wechseln Lust und Pein, letzteres beim besonders qualvollen langen Aufstieg auf die Bergehalde Göttelborn. Ich bin froh, wieder umkehren und der glühenden Hitze entfliehen zu dürfen und nicht den Streckenposten da oben spielen zu müssen. Für diesen Job ist Enthusiasmus gefragt... mein Respekt.

Lydia - die Halde gehört Grube Camphausen - zu bezwingen, schafft mich dann. Den Photo schleppe ich mittlerweile fast nur noch als Ballast mit mir herum und die Gehpausen verlängern sich deutlich. Hier oben blicke ich auch zum ersten Mal auf meine Uhr, weiß jetzt, dass rund 4/5 des Rennens hinter mir und noch eine Versorgungsstelle vor mir liegen. Die Zuversicht, auf dem Podium zu landen, steigt, das lindert die Qualen doch erheblich.
Schlussphase!
Der Run durch den Fischbach bringt nicht wirklich Kühlung für die Wade, schon nach wenigen Minuten bin ich getrocknet und wieder der Hitze ausgesetzt. Auf der Halde Grühlingsstraße, Photoshooting für den "Laufticker". Unglaublich, dass Vlad hier noch "Sprünge für die Galerie" absolvieren konnte. Ich krieche hinauf und schleiche hinunter, unfähig "gute Miene zum bösen Spiel" zu machen. Auch die Aufschriften auf den zahlreichen Marmorstufen will ich gar nicht mehr lesen... nur noch rauf und wieder runter, froh, bergab immer noch Niemanden des 58er-Rennens entdecken zu können.  Noch 6 km.

Die Hoffnung, meine Uhr wäre fehlerhaft und der Weg ins Ziel doch etwas kürzer, schwindet mit dem Schild für die verbleibenden 5 km. Die Messung ist exakt. Mir wird heute also nix geschenkt, ich schleppe mich also weiter, bis ich endlich die Brücke über die A1 erreiche. Von nun an gehts bergab... denkste, die letzten Meter steigen dann doch noch einmal an. Ich überhole ein paar 30er, laufe in Von-der-Heydt ein. Vorbei an der Förderschule quäle ich mich die hässlichen Stufen hoch. Noch 100 Meter... noch 50 Meter, die letzte Kurve hinunter ins Ziel und plötzlich taucht Pamela neben mir auf.

Fast vergesse ich, dass Pamela Wettkampfläuferin ist und nicht Willens, "Gefangene zu machen"! So zwingt sie mich auf den allerletzten Metern glatt noch zum Endspurt, um mit ihr gemeinsam ins Ziel zu kommen. Keine 30 cm verliere ich gegen sie auf der Ziellinie, gewinne aber Netto mit einer Sekunde Vorsprung. Im Augenblick ist mir das allerdings völlig egal, erschöpft sinke ich zu Boden, zischend verschwinden 2 Flaschen leckeren Gebräus hinter der Binde, ich brauche die eine oder andere Sekunde, um zu realisieren:

Ich bin Zweiter!

Wer hätte das gedacht? Ich auf keinen Fall, nicht mal in meinen kühnsten Träumen hätte ich mit diesem Ausgang gerechnet. Hatte ich "den Borderland" noch so geplant, war ich hier beim Hartfüssler völlig ambitionslos am Start. Zwar habe ich rund 40 Minuten Rückstand auf den Sieger Vlad Ixel, doch mein Vorsprung von knapp 30 Minuten auf den Dritten Peter Magyar ist auch nicht zu verachten.  Ud bei den Witterungsbdingungen auf die Zeit zu schielen, macht sowieso keinen Sinn. Nie hätte ich gedacht, eine starke Läuferin wie Pamela Veith in Schach halten zu können. Erst unter der eiskalten Dusche realisiere ich das Geschehene.
Fazit
Unverhofft kommt oft! Der Ausflug nach Saarbrücken hat sich gelohnt, in mehrfacher Hinsicht. Die Platzierung ist nur sekundär wichtig, eher schon begeistert mich das Gefühl, unter diesen Bedingungen gewagt und gewonnen zu haben. Doch letztendlich bin ich froh, nach einer überlangen Regenerationsphase noch ordentlich in Schuss zu sein. Denn im Oktober startet mein eigentliches Highlight des Jahres, der SUT. Und da helfen mir die knapp 60 km Urwald wenig. Im schwäbischen Urwald muss ich noch nen Hunderter drauflegen. Und das sind dann Distanzen, da spreche ich nur noch von Überlebenstraining...   
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