Der UTMB 2010
Wetter-Chaos am Weißen Berg!
Auf und Ab beim UTMB
zurück zum Start
Der Start
Mit diesem Bild ist der UTMB 2010 praktisch
schon beschrieben!
Freitag
27.08.2010 - 8:00 Uhr - Zeltplatz Les 2 Glaciers
Seit heute Nacht prasselt es
ununterbrochen aufs Zeltdach. Der Blick nach Draußen verheißt nichts Gutes.
Die Wolken hängen tief im Tal , vereinzelt zucken Blitze.
Regen
Mein Blick wandert zu Tine:
"Würdest Du heute zu einer mehrtägigen Bergtour aufbrechen?" - "Nein!" Damit
ist eigentlich schon alles gesagt. Die Berge sind keine Spielwiese. Wer weiß
das besser als ich?
Meine Gedanken rasen!
Januar 2010 - Stein bei
Nürnberg
Gerade hatte ich mich entschlossen,
zum zweiten Mal beim UTMB zu starten. Ich habe Pläne zur Vorbereitung
geschmiedet, Ausrüstung optimiert, viele Trainingskilometer abgerissen und
mich vor allem gedanklich vorbereitet.
Tine:
Meine erste Begegnung mit dem UTMB in Chamonix, bzw. das
Bewusstsein, dass mein Freund unbedingt dabei sein möchte, war
im April diesen Jahres.
Dieter war
schon etwas in Sorge, da seine Registrierung von Frankreich aus
nicht bestätigt wurde. So griff ich zum Hörer und rief dort an.
Nach der
Bestätigung habe ich noch flott einen Campingplatz für Dieter
und seine vielen Begleitdamen reserviert. |
Warum überrascht mich der Regen
heute nicht wirklich? Liegt es daran, dass meine Gedanken an den heutigen
Lauf schon seit Wochen immer mit Regen verbunden sind? Immer wieder sah ich
mich im Regen durchs Gebirge laufen, mit rutschigen Wegen kämpfen. Klar, das
gehört zur gedanklichen Vorbereitung und trotzdem steckte da mehr dahinter.
Tine:
Die kommenden Monate war der UTMB für mich in ferner Zukunft.
Dieter
erwähnte zwar öfter seine Vorbereitungen, die er für den Lauf
benötigte und nahm hier und da an ein paar Ultra-Trails teil.
2 - 3 Wochen
vor dem Start wurde das Thema UTMB schon präsenter. Dieters
Vorfreude wuchs und ab und an kamen ein paar Bedenken über die
richtige Vorbereitung und vielleicht war auch schon eine kleine
Nervosität mit dabei. |
So war es für mich auch nicht verwunderlich, dass beim Zusammenstellen der
Ausrüstung die Sicherheitsfrage und die Wetterfestigkeit eine ganz besondere
Rolle spielte. Sogar meine wasserdichte Regenhose - zwar nicht unbedingt
laufgeeignet, aber eben wasserdicht - steckt in der Reisetasche. Regenhut,
Gesichtsmaske, warme Handschuhe, davon gleich mehrere Paar liegen daneben.
Mein Chip wird am Handgelenk fixiert, der
Start am kommenden Morgen damit besiegelt.
Nur kurz ließen sich meine Gedanken
fehlleiten. Seit wir vor einer Woche nach Südtirol aufbrachen, herrscht
sommerlich heißes Wetter. Mein Abschlusstraining, ein
1000-Höhenmeter-Berglauf hoch zum Mendelpass war schweißintensiv, doch
erfolgreich.
Tine:
Obwohl ich die Erzählungen, den Laufbericht und etliche Bilder
aus dem Jahr 2008 kenne, ist eine genaue Vorstellung von dem,
was auf mich zukommt, nicht so recht möglich. Aber die
Vorfreude, die Spannung und auch die Hilfsbereitschaft, meinen
Partner dabei zu unterstützen, steigt von Tag zu Tag.
Eine Woche vor
dem Start machen wir (Dieter, seine Töchter und ich) uns auf den
Weg nach Süden. Unser erster Stopp soll der Kalterer See in
Südtirol sein.
Das Auto ist
vollbepackt mit Dieters Sportsachen jeglicher Art. Trotzdem
kommen ihm immer wieder Bedenken, nicht alles dabei zu haben.
Ich bin guter Dinge, zu oft ging er in den letzten Tagen
gedanklich den UTMB durch, was bei welcher Etappe,
Wettersituation usw. nötig wäre. |
30 Grad in Chamonix
Auch bei unserer Übersiedelung nach
Chamonix am Donnerstag deutete nichts auf schlechtes Wetter hin. Nichts?
Doch, denn dem aufmerksamen Wetterbeobachter konnte oder sollte nicht
entgehen, dass es viel zu heiß war. Und der vergangene Vollmond machte einen
Wetterumschwung nicht unwahrscheinlicher.
Tine:
Am Tag zuvor, bei der Anreise nach Chamonix bzw. beim Abholen
der Unterlagen ist die Nervosität bei Dieter deutlich zu spüren.
Man merkt deutlich, das Konzentrieren ist völlig auf den
folgenden Tag gerichtet.
Sein Umfeld
nimmt er manchmal nur bedingt wahr, was aber für mich völlig in
Ordnung ist. |
Donnerstag ist die Welt noch in Ordnung!
In der Nacht gab es eine sms vom
Veranstalter. Es wurde vor Wind, Kälte und Regen gewarnt und eine
entsprechende Ausrüstung angemahnt.
Lässt der Regen nach? Das Prasseln
auf dem Zeltdach wird schwächer, um dann wenige Minuten später wieder
anzuschwellen. Hoffnungen kommen auf und vergehen schnell an diesem Morgen.
Mit Tine bespreche ich: Sollte der
Regen bis zum Abend aufhören, starte ich!
Tine:
Dann kommt Freitag morgens die unerwartete Ernüchterung. In der
Nacht fängt es an zu regnen und es ist keine Besserung in Sicht.
Ist ein Start
möglich, bzw. macht es überhaupt Sinn, das ist die entscheidende
Frage.
Wir sind viele
Möglichkeiten durchgegangen und kommen eigentlich immer auf
dasselbe Ergebnis: NEIN! |
Ich habe mich für den Start entschieden!
Und beginne mit meinen
Vorbereitungen. Haufen stapeln sich im Zelt:
Haufen Nr. 1 für die Kleidung am
Körper
Haufen Nr. 2 für die Ausrüstung im Rucksack
Haufen Nr. 3 für die Effekten in Courmayeur
Haufen Nr. 4 für den Sack an Notausrüstung (die meine Begleiter an die
Strecke mitnehmen sollen)
Mein Rucksack wird schwerer als
erhofft, doch das eine oder andere Stück mehr macht heute einfach Sinn.
Das Internet am Zeltplatz streikt.
So telefoniere ich einen Freund in Deutschland an, der mir zuverlässig
Auskunft über die Wettervorhersagen geben kann. Doch dann öffnet sich für 10
Min. das World Wide Web. Die Aussichten, die es ausspuckt, sind allerdings
ernüchternd:
Bis zum Mittag Starkregen, dann
nachlassend, ab 22 Uhr wieder Starkregen. Am Samstag wechselnd starker Regen
bis zum späten Nachmittag, danach aufklarend und trocken. Aufklarend
bedeutet am Abend und in der Nacht Kälte, Temperaturen um den Gefrierpunkt
könnten die Folge sein.
Ich bin startklar!
Einzig beruhigende Nachricht: die
Schneefallgrenze wird sich wohl oberhalb der zu querenden Pässe bewegen.
Trotzdem ist mir klar: Es ist
Wahnsinn! Warum soll ich mir den Wahnsinn antun? Ich hinterfrage mich
ständig selbst. Ist es der Herdentrieb, der mich an den Start bringt? Das
sicher nicht. Vielmehr ist es die Überzeugung, bestens vorbereitet zu sein
und das Risiko kalkulieren zu können. Und der Herdentrieb hat auch sein
Gutes. Rund 1000 Läufer vor mir werden testen, ob es möglich ist. Und gerade
in der ersten Nacht werde ich in dichten Gruppen laufen, das gibt
Sicherheit. Doch rund 2000 Trailschuhe werden die Strecke vor mir aufwühlen,
das erschwert den Lauf zusätzlich. Bringt mich der Lauf bei guten
Bedingungen bereits an meine Grenzen, werde ich dieses Wochenende wohl ein
Stück weit darüber hinaus müssen.
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