
Die Socke... Opus 42,2
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Ich ahnte es schon immer, es
gibt eine kryptische Verbindung von Dingen und Menschen. Wahrscheinlich
entscheiden ganz allein die Dinge, ob sie dem Menschen positiv zugetan
sind oder nicht. Sei es der Autoschlüssel oder das Telefon, das nicht
mehr dort liegt wo es liegen soll. Jeder hat da so seine besonderen
Dinge, die sich seinem Zugriff entziehen. Bei mir sind es die Socken.
Als Paar in die Waschmaschine geworfen, wird auf unerklärliche Weise
eine Singlesocke daraus. Im Körbchen gesammelt, war sogar ab und zu eine
undurchschaubare Art der Partnerzusammenführung zu beobachten.

So war bis letzten Sonntag
alles in Ordnung. Genau bis ausgerechnet eine Vertreterin meines
Lieblings-Laufsockenpaars nach dem entscheidenden Trainingslauf für den
Fränkische-Schweiz-Marathon verschwand. Die mit dem eingewebten „L“
oberhalb der linken, großen Zehe. Atmungsaktiv, superkomfortabel und von
mir bei Wettkämpfen immer wieder gern getragen. Zwar schon etwas in die
Jahre gekommen, mit einem kleinen Loch darin, aber wir zwei hatten schon
viele erfolgreiche Läufe zusammen erlebt. Vom schnellen Zehner über
Halbmarathon, Marathon bis zum Supermarathon am Rennsteig. Auch bei den
100 KM von Biel waren wir zwei unzertrennlich. Wie jeder Laufschuh
erzählt jede Socke ihre eigene Geschichte.

Der Vorläufer des Strumpfs und
des Sockens war der Fußlappen. Im 13. Jahrhundert wurden beide Strümpfe
zu Hosen vereinigt, aber im 16. Jahrhundert am Knie wieder von den Hosen
getrennt. Soweit die Geschichte der Socke an sich. Mein persönlicher
Bezug zur Socke stammt noch aus der Kindheit. Oma´s kuschlige,
selbstgestrickte Wollsocken zu Weihnachten sind zwar modisch zeitlos
aktuell, aber mich störte immer das Kratzen und Kribbeln am Fuß. Da lieb
ich mir meine Funktionssocken aus High-Tec-Garnen. Sie sind bequem und
neuerdings auch Geruchskiller. Nach längerer Warterei auf die nächsten
Waschgänge und erfolglosem Suchen durch den gesamten Haushalt stand es
fest: Socke „L“ ist verschollen. O.k. muss es eben „unten ohne“ in
Forchheim gehen.

Schade, denn der
Fränkische-Schweiz-Marathon ist mein 25. Marathon, also mein silbernes
Jubiläum. Am Paradeplatz in Forchheim warte ich auf den Start. Viele
Lauffreunde sind da. Mirko, die alte Socke, kommt extra aus Suhl und ist
Marathonsammler. Er sammelt Jubiläumsmarathons wie andere Briefmarken.
Meine Vereinskameraden vom FSV Großenseebach. Erwin und meine Freunde
vom Team-Bittel. Sie stellen heute die Zugläufer. Pünktlich um 9.00 Uhr
werden wir lossocken.

Nur nichts überstürzen, also
langsam einrollen heißt die Devise. Wie hoch wird wohl die Sockenquote
sein? Gemeldet waren rund 1100 Teilnehmer. Mal zwei, das sind nach Adam
Riese 2200 Socken. Vor mir ein paar ganz schnelle Sockenkrieger. Man
erkennt sie an den Kniestrümpfen. Wer vor ein paar Jahren noch den
Nasenzwicker beim Laufen trug, trägt heute Kniestrümpfe. Die
Kniestrumpfträger werden immer mehr. Wegen dem modischen Look sagen die
Einen. Wegen der Schnelligkeit die Anderen. Die Unentschlossenen tragen
Sneakersocken. Die Kenianer unter uns Läufern tragen gar keine Socken.
Vorsicht! Die Sockenträger sterben aus. Alarm! Wir müssen etwas gegen
das Sockensterben tun! Wie wäre es mit der Kampagne: S.O.S. – Save our
socks!
Ich
persönlich bevorzuge Netzstrümpfe. Am liebsten, wenn sie die
Sambatänzerinnen in Streitberg tragen. Forchheim liegt hinter uns.
Streitberg ist noch weit. Wir fassen erst einmal in Ebermannstadt
Getränke. Es läuft gut heute. Trotz dieses komischen Gefühls, unten
ohne. Ein schöner Fun-Run. So verlassen wir die Sockenhauptstadt
Ebermannstadt. Weiter geht es zum Wendepunkt Sachsenmühle. Hier steppt
der Bär!
Auf dem Rückweg socken wir
wieder die B470 an der Wiesent entlang. Bei dem Wetter heute ein Genuss,
die Sonne lugt durch die Wolken. Manche Socken qualmen schon. Neben mir
pfeift ein Mitläufer wie die „Singing Sock Puppets“ vom
Interaktionskünstler Matthew Irvine Brown. In Streitberg treibt uns die
Sambagruppe weiter. Noch ein paar Links- und Rechtskurven – dort ist
schon das Ziel in Ebermannstadt. Die Stimmung ist wie immer gut. Ich bin
völlig von den Socken. Ramba, Zamba in Ebs.
Sockenkönig beim Marathon-Opus
42,2 wurde Marek Wasilewski aus Polen.

Jochen unterwegs... in Socken!
Apropos Socken, die Geschichte
mit der Socke wird noch ein Happy End haben. Nach dem Ferienworkshop
unseres Patenkindes. Aus gut unterrichteter Quelle (Läuferfrau) habe ich
erfahren, dass sie als Handspielpuppe und harmlos-buntes Sockenmonster
mit Wuschelwollhaaren und von Kinderhand aufgenähten Knopfaugen
zurückkehren wird. Um Rache zu üben an dem der sie, die Socke „L“, seit
Jahren mit Füßen tritt, wird sie knapp unterhalb des roten eingewebten
„L“ eine hämisch-grinsende Filzzunge aus dem Maul strecken.
Run happy
and smile!
Euer
Querläufer
Jochen Brosig
Röttenbach, den 6.September
2009
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