Traumhaftes Sommerwetter begleitet uns von Chur
über Lenzerheide hoch zum Rothorn
Bergzeit - Beim härtesten Marathon der Welt
Sommerzeit ist Bergzeit. Die Zeit der flachen Stadt- oder
Landschaftsmarathons ist vorbei und es zieht mich in die Berge. Vornehmlich
in die Schweiz. Denn laufen in der Schweiz macht Laune. Perfekt organisiert
und meist
landschaftlich wunderschöne Strecken lohnen die weite Anreise. Heute zieht
es mich nach Graubünden. Auf der Strecke von Chur über Lenzerheide aufs
Rothorn gilt es nicht nur die Marathon-
distanz, sondern zusätzlich noch 2700 Höhenmeter zu überwinden. Damit zählt
der Graubünden-Marathon sicherlich zu den anspruchsvollsten Läufen auf der
klassischen Distanz.
Doch nicht die Schwierigkeiten machen den Charakter
dieses Laufes aus, es sind die kleinen und feinen Reize entlang der Strecke,
die mich begeistern.
Bringen anderswo alle 500 Meter Samba-bands müde Läuferbeine in Schwung,
empfing mich im vergangenen Jahr ein Didgeridoo am Heidsee, ein klassisches
Trio, bestehend aus Contrabass, Geige und klassischer Gitarre mitten in den
Bergen oder eine Jazzband (Dixie Kids Jazz Band) an der Mittelstation
Scharmoin. In der Stille der Natur sind selbst sanfte Klänge schon von
Weitem zu hören und begleiteten ein weites Stück des Weges.
Blumen pflücken erlaubt.
Von Parpan nach Scharmoin führt die Strecke über einen
schmalen Pfad mitten durch eine blühende Bergwiese. Im Laufen pflückte ich
ein paar und hatte so Schmuck für meine Laufmütze. Die Blumen überlebten den
kompletten Lauf und erinnerten mich so noch tagelang in einer kleinen Vase
an einer traumhaften Lauftag.
Klar, dass es mich auch in diesem Jahr wieder nach
Chur an den Start zieht. Chur ist nicht nur Hauptstadt Graubündens, sie ist
auch die älteste Stadt der Schweiz und erste Siedlungsspuren zeigen sogar
ca. 11000 Jahre zurück. Von Chur aus startet man mit der rätischen Bahn zum
Bernina oder Albula. Diese Strecken sind seit dem Sommer 2008 in den
Kreis des Unesco Weltkulturerbes aufgenommen.
Chur
wunderschöne versteckte Hinterhöfe
Ob also für eine Fahrt mit der Rätischen Bahn oder für
einen interessanten Stadtrundgang, z. B. mit einem Besuch der Villa Planta,
dem Bündner Kunstmuseum, es lohnt sich auf alle Fälle, Chur/Graubünden nicht
ausschließlich zum Laufen anzusteuern. Zwar läuft man am Churer Rathaus
vorbei, doch die nur wenige Meter entfernten und nur durch kleine "Tunnel"
erreichbaren wunderschönen Innenhöfe bleiben den Läufern verborgen.
Eine praktische und gute Idee: Auf der Homepage der
Stadt, lässt sich bereits zuhause ein "Audioguide" herunter und auf den
eigenen MP3-Spieler laden und so die Stadt unter fachkundiger Anleitung auf
eigene Faust erkunden
Und auch sportlich ist dieses Jahr wieder für Spannung
gesorgt. Nach und nach melden sich die Favoriten für den Graubünden-Marathon
an. Unter anderem am Start sein werden Jonathan Wyatt, frisch gebackener
Sieger des LGT-Alpin-Marathons, Martin Cox und Michael Barz. Somit sind alle
Sieger der ersten fünf Austragungen am Start. Bei den Frauen hat die
ehemalige Siegerin und Podestläuferin Jasmin Nunige aus Davos bereits wieder
für den Graubünden-Marathon angemeldet. Dies lässt einen spannenden Lauf
erwarten.
Das Rennwochenende
Meine recht kurzfristige Suche nach einer Unterkunft
beschert mir eine wunderbare Nacht. Marion und Leon betreiben nicht nur ein
ein Figurentheater in Chur, sondern in ihrer
"Villa Artistica"
nur 13 km
weiter südlich auch noch ein wunderschönes "bed and breakfast". Das mit
grenzenloser Liebe fürs Detail renovierte Fachwerkhaus aus dem Jahr 1880
erweist sich als wahrer Glücksgriff und absolutes Idyll.
"Villa Artistica"
liebevolle Details machen die "Villa"
heimelig
Entsprechend ausgeruht stehe ich deshalb am nächsten
Morgen nach einem leckeren Frühstück am Start. Wie immer geht es hier
beschaulich zu. Der Sprecher informiert uns über die herrschenden
Wetterbedingungen. Er verspricht uns stabile Witterungsbedingungen, warnt
jedoch eindringlich vor der zu erwartenden Hitze und er sollte Recht
behalten.
links: Sprecher;
rechts: "Scheich" Thomas
Brigitte und Helge
Das Starterfeld formiert sich
Kurz vor dem Start treffe ich "Scheich" Thomas
Schmidtkonz, er schützt seinen Sonnenbrand im Nacken durch ein Halstuch vor
der zu befürchtenden Sonneneinstrahlung. Mit Brigitte und Helge gesellen sich
weitere Bekannte zu uns. Und so vergeht die Zeit bis zum Startschuss
schnell. Ein paar Interviews mit den Favoriten geben noch ein wenig
Aufschub, doch dann fällt pünktlich der Startschuss und das überschaubare
Feld setzt sich in Bewegung.
Die Favoriten unter sich, rechts Martin Cox,
Sieger 2003
Sieger 2007 und Sieger 2006 im Interview:
Michael Barz und Jonathan Wyatt
Ich sortiere mich erst mal hinten ein, lasse es ruhig
angehen. Geraden der Graubünden-Marathon bietet so viele Gelegenheiten, sich
kaputt
zu laufen, dass es unnötig ist, dies bereits auf den ersten
Kilometern zu tun. Quer durch die Altstadt verlassen wir schnell den
Stadtbereich, sind bereits nach wenigen Minuten im Grünen. Und so dauert es
auch nicht lange, bis unser Weg die Waagerechte verlässt und uns die ersten
Steigungen erwarten. Aus dem Vorjahr weiß ich aber, dass sich die Strecke
bis Lenzerheide durchgängig im Laufschritt bewältigen lässt. Erst danach
wird es so steil, dass sich - zumindest für mich - häufig der schnelle Gang
als effektiver und weniger kraftraubend erweist. Doch bis dahin sind noch
lockere 3 Stunden Genusszeit angesagt, wobei selbst bis Lenzerheide bereits
weit über 1000 Höhenmeter zurückzulegen sind.
Doch
bis dahin ist der Streckenverlauf so abwechslungsreich, dass mein Blick
ständig über die Berghänge streift und das Auge die Natur genießen kann. Ich
verabschiede mich von meinem Begleiter Andreas. Er möchte mein Tempo nicht mitgehen und etwas
zurückhaltender weiter laufen. Zum Abschied macht er noch kurz ein Photo von
mir, ein Dokument, dass ich auch tatsächlich dabei war.
Blühende Bergwiesen
Und ich freue mich über die bunten Bergwiesen, durch
die es von Foppa aus bis Parpan ständig geht. Blumen pflücken erlaubt, auch
in diesem Jahr. So macht bergab laufen Spaß und Freude, da kann keine
Sehenswürdigkeit eines Stadtmarathons mithalten.
Unser Weg führt uns durch blühende
Bergwiesen
Da kann keine noch so tolle Stimmung eines
Stadtmarathons mithalten
Und wir kommen gerade noch zur rechten Zeit.
Vielerorts ist das Gras gemäht und Bauern sind mit der Heuwende beschäftigt.
Sie nutzen uns vorbei flitzenden bunten Läufer als willkommene Ablenkung von
Ihrer anstrengenden Arbeit.
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