
Der Rennsteig-Supermarathon - ein Lauftag, wie
ich ihn noch nicht oft erlebte |
Zum zweiten Mal nach seiner Premiere
2007 mache ich mich dieses Jahr auf die 72,7 lange Strecke des
Supermarathons beim traditionellen Rennsteiglauf über die Höhen des
Thüringer Waldes. Schließlich hatte ich aus dem Vorjahr noch eine kleine
Rechnung offen, als ich nur knapp an einer Top 100-Platzierung scheiterte.
Hier ein kleiner Bericht, der Einblick darüber geben soll, wie es mir dabei
erging:
Dieses Jahr will ich die Top 100 knacken...
...eine Wiederholung des Vorjahres, als ich knapp
scheiterte, soll es diesmal nicht geben. Nur leidlich gut ausgeschlafen -
der Bus vom Ziel- und Übernachtungsort Schmiedefeld fährt bereits um 3:30
Uhr, stehe ich inmitten der 1830 anderen Starter morgens um 6:00 Uhr am
Start in der Lutherstart Eisenach.
Die
Wetterprognosen sind durchwachsen, mit Regenschauern auf der Strecke ist auf
alle Fälle zu rechnen, doch es soll verhältnismäßig warm sein. Eine
beruhigende Prognose, immerhin habe ich bei der gestrigen Fahrt über die
Höhen des Rennsteigs noch vereinzelte Schneereste entdecken können. Und von
Schnee und Eis können viele Läufer berichten, die in den vergangenen Jahren
hier am Start waren. Doch das für heute veranschlagte Tempo lässt keine
allzu dicken Schichten zu und so schlüpfe ich in mein ärmelloses
Super-Dieter-Shirt. (Danke, Erwin, für die Photomontage!)
Pünktlich um 6 Uhr fällt der
Startschuss
Vom Hubschrauber eines Fernsehteams begleitet, machen
wir uns auf die knapp 73 km quer durch den Rennsteig. Eisenach liegt auf 210
Meter über dem Meeresspiegel, vor uns liegen 1750 Meter Anstiege, über den
Inselsberg mit 915 m bei km 25 und, nach ständigem Auf und Ab, zuletzt noch
über "Plänckners Aussicht" bei km 62 (973m) und die bekannte Schmücke.
Ich fühle mich gut, beginne gewohnt bedächtig und begleite Lauffreund Helge,
der ebenfalls eine ähnliche Zeit anstrebt wie ich. Vorbei am Luther-Denkmal
verlassen wir Eisenach und schon beginnt die erste Steigung, die schon mal
das Feld vorsortiert. Ich fühl mich gut und bin schnell im Rhythmus. Auch
der nach knapp einer Stunde aufkommende Regen stört mich nicht, zum Glück
ist er nicht heftig und hört auch schon bald wieder auf. Den Rest der
Strecke sollte ich nun zum Glück trockenen Fußes absolvieren können.
Ein eifriger Zuschauer zählt die Positionen und winkt mich ungefähr bei 180
durch. Ich bin zufrieden, denn mein Rhythmus stimmt und die vor mir
liegenden Läufer irritieren mich nicht, im Gegenteil, bald ist "Aufsammeln"
angesagt.
Helge kann mittlerweile nicht mehr ganz mithalten und so laufe ich alleine
weiter, immer wieder den einen oder anderen Bekannten zu treffen, u.a. Frank
Furche aus Hersbruck, mit dem ich im letzten Jahr schon viele Kilometer
gemeinsam zurücklegte. Auch von meinen Lauffreunde Jochen und Holger, die
mich kurzzeitig überholen, lasse ich mich nicht nervös machen. Ich lasse sie
ziehen, im Bewusstsein, mein Tempo für mich gefunden zu haben.

guter Dinge unterwegs
Bei der Durchsage an der Ebertswiese auf halber Strecke höre ich den
Sprecher, dass mittlerweile rund 130 Läufer diese Verpflegungsstelle
passiert haben. Passt, alles läuft weiterhin planmäßig.
Ich halte mein Tempo, bleibe immer knapp unterhalb der Geschwindigkeit, die
ich mir an sich zutrauen würde, ein Rezept, das sich letztendlich auszahlen
wird, denn ich hole Läufer für Läufer ein, werde selbst nur ganz selten
überholt.
Mittlerweile auf unter 700 Meter abgestiegen, kratzen wir an den Neuhofer
Wiesen wieder knapp die 900 Metermarke. Km 45 ist erreicht, langsam zeigt
sich, wer anfangs sein Tempo überzogen und wer sich seinen Lauf gut
eingeteilt hat. Zum Glück gehöre ich zur 2. Gruppe und ich mache weiter
Boden gut, allerdings werden die Abstände zwischen den Läufern oder
Läufergrüppchen jetzt bereits merklich größer.
Die Verpflegungsstellen "Grenzadler" und "Rondell" sind passiert. Ich greife
regelmäßig zum berühmten "Schleim" einer Besonderheit bei der Verpflegung am
Rennsteig. Der Schleim wird in vielfältigen Geschmacksrichtungen angeboten,
doch das Wichtigste ist, er ist sehr bekömmlich für den gestressten Magen
und verschwindet schnell im Blutkreislauf. So muss ich auch auf keines
meiner mitgenommenen "Notgels" zurückgreifen. Abwechselnd Wasser und Tee,
gegen Ende auch mal Cola, vervollständigen meine Versorgung. die
Schmalzbrote und auch die verlockend duftenden Würstchen lasse ich jedoch
sicherheitshalber immer liegen.
Jetzt erreiche ich die Suhler Ausspanne, ein Vorgeschmack auf die höchste
Stelle des Rennsteiglaufs, "Plänckners Aussicht". Als ich die passiere,
macht sich in mir eine erste Erleichterung breit. von nun an geht`s bergab,
über die Schmücke und die Kreuzwege direkt bis nach Schmiedefeld ins Ziel.
Zwar sind die letzten 12 km deshalb nicht harmlos, gerade in den
Gefällstrecken droht schnell ein Krampf im geschwächten Oberschenkel, vor
allem auf den doch tückischen "Wurzelwegen", aber doch ist der Rest der
Strecke jetzt überschaubar.
Dachte ich mir bei km 30 "nur noch ein Marathon" und am Gustav-Freytag-Stein
bei km 51 übermütig "jetzt nur noch ein lascher halber Marathon", so kann
ich jetzt doch langsam aufatmen. Locker und leicht laufe ich abwärts, lasse
noch vereinzelt Läufer hinter mir, werde von den zahlreichen Wanderern
angefeuert, ein respektvoll ausgesprochenes "meine Hochachtung" macht mich
auch ein klein wenig stolz. Doch, diese wenigen Worte geben einem viel!
Und schon biege ich ein in die 100 m lange Zielgerade, Jubel tost auf, nein,
ich bin nicht der Erste, trotzdem wird hier jeder Finisher wie ein Sieger
begrüßt. Ich genieße meine letzten Meter, winke in die Menge. Geschafft!
Nach 6 Std. und knapp 34 Minuten überquere ich die Ziellinie, nur eine
Minute hinter der Frauen-Siegerin und Rennsteiglegende Birgit Lennartz. Die
siebenfache Seriensiegerin der 90er-Jahre feierte ein beeindruckendes
Comeback.

ausgelassene Jubelstimmung im Ziel - ein perfektes
Rennen
Ich
selbst werde 77. und damit 13. meiner Altersklasse. Das Ziel ist erreicht.
Ich kann meinen erfolgreichen Tag bei der rauschenden Läuferparty ausklingen
lassen, die bis nachts um 2 Uhr das Festzelt erbeben lässt. Eine Zukunft am
Rennsteig wird es für mich bestimmt geben, aber nie mehr so schnell, sondern
nur noch gemütlich.
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