
"A xunds neis"
Zwischen den Jahren

Querläufer Jochen
„A gsund´s Neues!“, sagt er und ist
schon wieder weiter. Sonntag. Tag der langen Läufe. Die Weihnachtsgans,
Plätzchen, Stollen und andere Leckereien haben sich gleichmäßig um die
Hüfte verteilt. Schwerfällig stapfe ich durch den Landkreis. Ich fühle
mich wie Dumbo der Elefant beim Ausdauersport.
Wie nett, wenn entgegenkommende Läufer jetzt noch ein gutes neues Jahr
wünschen. Es ist ja auch noch nicht so alt, das neue Jahr. Hat es
überhaupt schon angefangen? Die Läuferfrau verdreht bei solchen Fragen
die Augen. Aber es ist doch so: Wir laufen momentan zwischen den Jahren.
Hinter uns das alte Jahr. Wie ein Eisberg, der uns nach vorne schiebt.
Es lastet schwer auf unseren Schultern wie ein Rucksack. Nicht erreichte
Laufzeiten. Wieder zugenommen über die Feiertage. Liegengelassene
Sekunden oder Minuten. Die Lieblingslaufschuhe wanderten in die
Mülltonne. Was wollten wir 2010 nicht alles machen?
Vor uns das neue Jahr. Eine riesige Pinwand so hoch wie einst die
Berliner Mauer. Voll mit Vorsätzen für das Jahr 2011. Neue Ziele.
Persönliche Bestzeiten. Anmeldungen für die unglaublichsten
Laufveranstaltungen. Bilder von Laufreisen. Prospekte mit neuem
Laufequipment. Eine gewaltige Wand. Aber frisch, neu und unverbraucht.
Dazwischen sucht der Querläufer ein Durchkommen. Den Weg ins neue Jahr.
Wo ist er?
Doch zur Zeit ist es schwer für alle Läufer. Erst versanken wir im
Schnee. Danach hatte uns das Blitzeis im Griff. Jetzt umspült uns das
Hochwasser. Der Kersbacher Dreikönigslauf – gestrichen. Der Coburger
Wintermarathon – abgesagt. Ich sage es doch: Das Läuferjahr 2011 hat
noch nicht angefangen. Nehmen wir einfach den Dreikönigstag. Für
russisch, serbisch und bulgarisch – Orthodoxe, der Tag an dem sie
Weihnachten feiern. Nur welches Jahr? Weihnachten 2010 oder Weihnachten
2011? Da wir Weihnachten bekanntlich immer zum Ende eines Jahres feiern,
kann es 2011 nicht sein. Also Weihnachten 2010, oder? Eine schwere
Frage. Ungelöst? Zu kompliziert für mich am frühen Morgen. Die Zeit
zwischen den Jahren dauert mir zu lang.
Ein entgegenkommender Läufer reißt mich aus meinen Gedanken. Schon von
weitem ruft er laut: „Ein gesundes neues Jahr 2011!“
Run happy and smile!
Euer Querläufer
Jochen Brosig
Röttenbach, den 9. Januar 2011
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