
Urlaub oder
Trainingslager?

Der Querläufer querfeldeinlaufend
Es gibt Menschen die wählen ihr
Urlaubsziel danach aus, ob es ihnen gefällt. Und wenn es ihnen gefällt,
wird hingefahren. „Mach´ doch einmal Urlaub vom Laufen.“, meint die
Läuferfrau. „Wer läuft, braucht doch auch Ruhepausen.“, will sie mich
locken. Doch so leicht kriegt sie mich nicht. Ich muss noch eben das
Höhenprofil unseres Urlaubsorts abchecken. Und außerdem: Wie sieht
eigentlich die Bodenbeschaffenheit von Wald- und Feldwegen aus, auch die
Bisshäufigkeit der örtlichen Hunde ist zu beachten und wie steht es mit
dem öffentlichen Personennahverkehr? Es gilt den Rückholservice für den
langen Lauf zu bedenken. Toll wäre natürlich, wenn es noch eine
Laufveranstaltung in der Nähe geben würde. Ein „Run over the mountain“
oder ein „3-Tälerlauf“ wäre nicht schlecht.

Die Laufschuhe kommen also immer mit
auf meine Urlaubsreisen. Flugreisen fallen allein wegen der
Gepäckbeschränkung durch. Also mit dem Kombi zu den Ösis. Der Kombi hat
den Vorteil, dass meine 7 Paar Laufschuhe locker rein passen. Ich muss
mich auch nicht entscheiden zwischen meinen Berglaufschuhen und der
Spiegelreflex. Beides geht mit. Und das ein oder andere Laufaccessoire
darf auch nicht fehlen. Natürlich gehören verschiedene Laufdevotionalien
dazu. Das Rennsteiglauf-Finishershirt wird mich in den Bergen als
erfahrenen Bergläufer outen. Ruck zuck ist der Koffer voll. „Schatz, was
nimmst du fürs Konzert am See mit?“ Auweia, ein paar Freizeitklamotten
brauche ich auch. Doch mein Koffer ist schon mit den Laufsachen voll. So
wird also wieder umgepackt.

Endlich vor Ort könnte es gleich mit
dem Laufen losgehen, aber erst beginnt das Auspacken. Doch dann hält
mich nichts mehr. Ab in die Laufschuhe und los! Wäre da nicht das
Problem des unbekannten Geländes. Die Anschubhilfe der Läuferfrau,
„Lauf´ doch drauf los.“, löst die Anspannung auch nicht. Expeditionen
ins Ungewisse sollten sorgfältig geplant werden. Allzu oft stellen sich
unüberwindbare Hindernisse in den Weg. Labyrinthähnliche Steinmauern,
erboste Bauern oder wilde Hunderudel. Sondierungsgespräche mit
Einheimischen, ausführliches Kartenmaterial, sowie ausgiebige
Internetrecherchen können hier das Schlimmste verhindern. So wird der
Urlaubslauf mitten in einem fremden Land zu einem unvergesslichen
Erlebnis.

Am Besten frühmorgens, wenn noch keine
Touristen unterwegs sind. Man genießt die Stille der Natur auf einsamen
Pfaden. Hinterher wandern wir die neu entdeckten Wege gemeinsam ab.
Schöner kann Urlaub nicht sein. Die Läuferfrau ist da anderer Meinung,
hält sie mir doch ständig vor, dass ich Bergwandern mit Crossläufen
verwechsle. O.k. ich gebe zu: meine Polar ist auch hier dabei. Am Beginn
des Trails wird sie abgedrückt. Pausen werden so dokumentiert. Die
Gehzeit auf den Wegtafeln darf auf keinen Fall überschritten werden.
Wunderbar, es gibt auch eine Verpflegungsstation. Hier ließe sich
einiges an Zeit herausholen, wenn die Sennerin mir im Vorbeihasten einen
Becher frisch gemolkene Milch und ein Stück selbst gemachten Käse
reichen würde. Aber die Läuferfamilie bremst mich aus. Es kommt zu einem
Sitzstreik. Auf der Hütte gibt es den besten Kaiserschmarrn in der
Umgebung.
Also dann, guten Appetit!
Run happy and smile!
Euer Querläufer
Jochen Brosig
Röttenbach, den 04.September 2011
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