
Die Emanzipation des
Mannes

Der Querläufer unterwegs.
Meine Lieblingslaufsocke hat ein Loch.
Ja genau, die mit dem L drauf. Letzte Woche fand ich sie im Restmüll.
Die Läuferfrau meinte, ich solle mir ein neues Paar kaufen. Entsorgen?
Neue Socken kaufen? Unmöglich! Wir haben so viel zusammen erlebt. Vom
schnellen Zehner über Halbmarathon bis zum Unter-Tage-Marathon am
letzten Sontag. Seit Jahren sind wir zwei unzertrennlich. Jede Socke
erzählt ihre eigene Geschichte.
„Sockenstopfen? Dafür habe ich keine Zeit!“, tönt es mir im Ohr. „Du
bist doch ein moderner Mann, mein Liebster?“ Immer diese Kuschelparolen,
wenn es um die Emanzipation geht. Also, selbst ist der Mann. Die
männliche Emanzipation hängt der Emanzipation der Frauen um viele Jahre
hinterher. Wie evolutionsbeständig ist der Mann eigentlich, dem keine
Rippe, sondern ein Stückchen Chromosom fehlt? Die Biologie besagt, dass
mehr Frau im Mann steckt als umgekehrt. Das Y-Chromosom ist eigentlich
fast ausschließlich dazu da, das männliche Fortpflanzungsorgan und
dessen Funktion auszubilden. Für alles andere ist X zuständig. Von daher
ergibt der Spruch: “Männer denken nur an …”, auch wieder einen Sinn.
Warum muss der moderne Mann immer perfekt sein? Männer, haut auf den
Tisch. Seit Jahrtausenden bestimmen wir den Weltenlauf. Lasst uns in
Conan´s Namen feiern. Erst beim Dauerlauf im Wald auspowern. Beim
Marathon im Bergwerk oder anderen illustren Wettbewerben zeigen wir, was
für tolle Hechte wir sind. Danach saufen, raufen, furzen, rülpsen. Was,
das wollen nicht mehr alle? Dann soll halt jeder auf modernen Hausmann
machen. Aber so ein gemeinsamer Schlachtruf wie: Moderne Männer aller
Länder vereinigt Euch, wäre schon nicht schlecht.
Kürzlich war eine Freundin in der Oper. Sie schwärmte von einem
interessanten Pausengespräch. Mit 3 tollen, schwulen Männern. Meine
Frage war natürlich: „Wie kannst Du sicher sein, dass sie schwul waren?“
Daraufhin sie: „Die 3 hatten Geist, Humor, Stil und Lebensfreude.“ Wumm,
das hatte gesessen. Wann ist ein Mann ein Mann? Das sang schon Herbert
Grönemeyer. Liebe Heteros, wir können das doch auch. Wir können zuhören,
aufmerksam sein, fantasievoll, den Haushalt schmeißen, die Kinder vom
Kindergarten abholen.
Und letztlich ist es gut, dass es ist wie es ist. Meine Läuferfrau
jedenfalls ist Gold wert. Dreht Herbie´s Song einfach um: Frauen nehmen
in den Arm, Frauen geben Geborgenheit, Frauen sind so verletzlich –
Frauen sind auf dieser Welt einfach unersetzlich. Männer, wem sage ich
das. Ich stopfe erst einmal meine Laufsocken und dann geht es ab auf die
Piste.
Run happy and smile!
Euer Querläufer
Jochen Brosig
Röttenbach, den 20. Februar 2011
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