Was gibt es Schöneres, als das neue Jahr mit einem kleinen Trail zu
beginnen. Dass mir jedoch gleich ein herrlicher Lauf durch die verschneite
Winterlandschaft beschert werden sollte, hatte ich mir im alten Jahr noch
nicht träumen lassen. Doch ein Wintereinbruch über Nacht machte einen klasse
Lauftag wahr.

Forstarbeit ist nicht immer des Trailers
Freud.
Rund 10 cm herrlich pulvrigen Schnee hat
es über Nacht vor die Haustür gezaubert. Die nicht erwartete Pracht zwingt
mich zu einer nicht geplanten Änderung meiner heutigen Trainingseinheit.
Statt der flachen Einheit am Kanal entlang disponiere ich um und mache mich
auf zum Moritzberg.

Im Dunst kaum zu entdecken: Der Moritzberg
Ich bin früh dran. Nur wenige Meter
bergan bis zum Waldrand und meine Spuren sind die einzigen im Neuschnee. Ich
genieße die Einsamkeit, die unberührte Natur, die Stille. Der Schnee
schluckt die Töne um mich herum, ich fühle mich in Watte gepackt.

Noch ist der Schnee unberührt an den
Moritzberghängen

In Watte gepackt sehen auch die Äste
aus, die mir ein eindrucksvolles Spalier bilden, teilweise sogar den Weg
versperren.

Ein eindrucksvolles Spalier säumt den
unberührten Trail
Steil geht es hinauf zum Gipfel des
Moritzbergs. Die Wurzeln sind glatt und ich muss jeden Schritt behutsam
setzen. Doch dann ist es geschafft. Ich stehe oben auf dem 601 Meter hohen
Berg.
Durch die Bäume schimmert das Dreier-Ensemble aus Turm, Wirtshaus und
Kapelle. Die 1419 errichtete Kapelle gab dem ehemals Leinbürg genannten Berg
später seinen Namen.

Unberührte Trails führen hinauf zur
Moritzberg-Kapelle
Wenige Schritt von der Kapelle entfernt
überrascht mich ein geschmückter Weihnachtsbaum. Wohl selten war das
Bäumchen in den vergangenen Tagen so schön anzusehen wie heute.

Selbstportät am verschneiten
Weihnachtsschmuck
Ich genehmige mir einen Schluck heißen
Tee aus der Thermoskanne und ziehe weiter, bevor mir kalt wird. Die nächsten
Meter bergab erleichtert mir ein Räumfahrzeug, dass sich den Steilhang
emporquält. Doch schnell biege ich von der Straße ab, bin wieder in der
unberührten Natur.

Ein kurzes Stück geht es auf geräumtem Weg,
dann bin ich wieder im tiefen Schnee.
Ich nehme Fahrt auf. Ich bin schneller
unterwegs als geplant, doch in diesem Schnee hält es mich nicht. Die Kulisse
lässt mich vorwärts stürmen.

Traumkulisse für meinen Sturmlauf

Doch nicht lange kann ich den leichten
Lauf genießen. Denn es steht schon die nächste Steigung bevor, der
Nonnenberg. Der ist ebenso anspruchsvoll zu laufen wie der Moritzberg.
Gleich vom Waltrand an steigt es ununterbrochen steil an. Und der rutschige
Schnee tut sein Übriges.

Aufstieg zum Nonnenberg

Auf der Höhe angekommen erwartet mich
erst einmal eine unliebsame Überraschung. Waldarbeiter haben ganze Arbeit
geleistet, der Trail ist versperrt. Versperrt? Wohl nur für Wanderer, nicht
für mich. Ich kämpfe mich über Stock und Stamm weiter vorwärts.

Waldarbeiter haben ganze Arbeit geleistet
Und meine Hartnäckigkeit wird belohnt.
Der gelichtete Wald gibt den Blick frei ins Tal.

Blick ins Tal
Begeistert entscheide ich mich für einen
kleinen Abstecher hinab ins Tal. Auf dem Rückweg sind meine Spuren noch
immer einsam. Ich vergleiche meine Spuren bergab und bergauf. Bergauf ist
die Länge meiner Schritte nur noch halb so lang wie abwärts.

links bergauf - rechts bergab
Ich genieße es, einsam meine Spuren zu
ziehen, verlängere meine Tour spontan noch um eine Schleife. Solche Tage wie
heute findet man in unseren Breitengraten leider zu selten, deshalb:
Carpe diem!

Wer kann diesen Eindrücken widerstehen?

Ich laufe nach Entenberg. Dort hat man
von der Höhe aus meist einen Blick über fast das gesamte Gemeindegebiet.
Heute verschwinden die ferneren Orte jedoch im Stahlblau der Luft.

Blick über Entenberg und zum Moritzberg

Noch einmal habe ich den Anstieg zum
Moritzberg zu überwinden. Meine Tritte werden etwas schwerer, kein Wunder.
Doch mein Kopf ist frisch wie selten, kein Wunder.

Von Gersdorf aus geht es zum 2. Mal hoch zum
Moritzberg

Befriedigt erreiche ich zum 2. Mal am
heutigen Tag den Gipfel, stehe unter dem knapp 100 Jahre altem
Hindenburgturm.

Als Bismarckturm in Bau gegangen, als
Hindenburgturm fertig gestellt
Der direkte Abstieg vom Moritzberg nach
Diepersdorf ist bereits ohne Schnee nicht einfach. Zahlreiche ausgewaschene
Wurzeln zwingen zur Vorsicht. Trotzdem fliege ich rasant talwärts, jeden
Schritt sorgfältig setzend, um nicht auf den versteckten, glatten Wurzeln
auszurutschen. Fast unfallfrei erreiche ich den Waldrand und die Fahrstraße.

Auch eine Möglichkeit der Fortbewegung
Ich genehmige mir noch einen Blick auf
den nahen Reitplatz. Dort lässt sich ein Skifahrer von einem Isländer
ziehen. Die Beiden ziehen begeistert Runde um Runde. Doch für mich ist jetzt
Schluss, ein gigantisches Lauferlebnis geht zu Ende.
Der Ultra-Habicht
zum Teil 1 der Fortsetzung
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